Geniezeit
Volksballaden aus dem Elsass
Das Lied vom braun Annel
Es wollt ein Knab spazieren gehn,
Wollt vor braun Annels Laden stehn,
Er wusst nicht was er ihr verhies
Dass sie den Riegel schleichen lies;
Den Riegel wohl in die Ecken,
5
Zum braun Annel wohl unter die Decken.
Sie liegen bey einander eine kleine Kurzweil,
Der iung Knab weckts braun Annelein,
Steh auf es, geh an es den Laden,
Sieh ob es nicht irgends will tagen.
10
Bleib liegen mein Schätzel nur stille,
Es taget nach unserem Wille.
Sie liegen beyeinander eine kleine Kurzweil
Der iung Knab weckts braun Annelein.
Braun Maidel gab dem Laden einen Stos,
15
Scheint ihr die helle Sonn in Schoos,
Steh auf es mein Schätzel nur balde
Die Vögel singen im Walde.
Braun Annel war so hurtig in Eil,
Sie lies den Knaben herunter am Seil.
20
Sie meynt er wär nun bald drunnen,
So liegt er es so tief im kalt Brunnen.
Man zog ihn raus am dritten Tag,
Weint alles was da um ihn war,
Als nur braun Annel alleine,
25
Für Trauern konnt sie nicht weinen.
Ach Gott was war das für ein Mann,
Dass ich ihn nicht erkennen kann.
Ich hab ihn oftermal hören nennen,
Ich kan ihn doch nicht erkennen.
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Es stund eine alte Frau dabey.
Schweig still schweig still braun Annelein,
Keine Nacht hast unter lassen,
Hast ihn alle Nacht zu dir gelassen.
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