Geniezeit
Volksballaden aus dem Elsass
Das Lied vom Grafen Friederich
Graf Friedrich wollt ausreiten
Mit seinen Edelleuten,
Wollt hohlen seine liebe Braut
Die ihm zur Eh war wohl vertraut.
Als er mit seinem hellen Hauf
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Reit einen hohen Berg hinauf
Da kam er auf dem Weeg
Auf einen sehr schmaalen Steeg.
In dem Gcdräng dem Grafen werth,
Schoss aus der Scheid sein scharfes Schwerdt,
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Verwundet seine liebe Braut
Die ihm zur Eh war wohl vertraut.
Was zog er aus? Sein Hemdlein weis
Drückts in die Wund mit grosem Fleis.
Das Hemd das war von Blut so roth
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Als ob man’s draus gewaschen hätt.
Und wie er in den Hof nein reit
Sein Mutter ihm entgegen schreyt.
Sey mir willkommen Sohne mein
Und alle die mit dir kommen seyn.
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Wie ist deine liebe Braut so bleich
Als ob sie ein Kindlein hat gesäugt.
Wie ist sie also inniglich,
Ob sie mit einem Kindlein schwanger ist.
Ach schweig mein Mutter stille,
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Und thus um meinetwillen,
Sie ist kindshalben nicht ungesund
Sie ist biss auf den Todt verwundt.
Da es nun war die rechte Zeit
Ein köstlich Wirthschafft war bereit,
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Mit aller Sach versehen wohl
Wie's eines Grafen Hochzeit soll.
Man setzt die Braut zu Tische
Man gab ihr Wildpret und Fische.
Man schenckt ihr ein den besten Wein,
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Die Braut die wollt nicht frölig seyn.
Sie konnt weder trincken noch essen,
Ihr Unmut konnt sie nicht vergessen,
Sie sprach sie wollt es wäre die Zeit
Dass ihr ein Bettlein wär bereit.
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Das hört die üble Schwörin
Und red gar bald hierüber.
Hab ich doch das noch nie gehört,
Dass eine Braut zu Bett begehrt.
Ach schweig mein Mutter stille
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Habt daran kein Unwillen,
Sie redt es nicht aus falschem Grund,
Sie ist biss auf den Todt verwund.
Man führt die Braut zu Bette
Für Unmuth sie nichts redte,
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Mit brennenden Kerzen und Fackeln gut,
Doch sie war traurig und ungemut.
Graf Friedrich lieber Herre
Ich bitt euch gar so sehre,
Ihr wollt thun nach dem Willen mein,
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Lasst mich die Nacht eine Jungfrau seyn.
Nur diese Nacht alleine,
Die andern fürbas keine.
So mir will Gott das Leben lahn,
Binn ich ihm fürbas untertahn.
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Mein allerliebste Gemahlinn mein,
Der Bitt sollt ihr gewähret seyn.
Mein Schatz und Trost mein schönes Lieb.
Ob deinen Schmerzen ich mich betrüb.
Mein herzigs Lieb mein höchster Hort,
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Ich bitt dich hör mich nur ein Wort.
Hab ich dich tödlich wund erkennt,
Verzeih mir das vor deinem End.
Ach allerliebster Gemahl und Herr,
Ich bitt euch bekümmert euch nicht so sehr.
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Es ist euch alles verziehen schon,
Nichts arges habt ihr mir gethan.
Sie kehrt sich gegen die Wände,
Und nahm ein seeligs Ende,
In Gott end sie ihr Leben fein
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Und blieb eine Jungfrau keusch und rein.
Zu Morgends wollt sie haben
Ihr Vater reichlich begaben,
Da war sie schon verschieden
In Gottes Nahmen und Frieden.
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Ihr Vater fragt all Umständ
Wie sie genommen hat ein End.
Graf Fridrich sprach: ich armer Mann
Binn Gott sey Klag selbst Schuld daran.
Der Braut Vater sprach in Ungemut
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Hast du verderbt ihr junges Blut,
So must du auch darum aufgeben
Durch meine Hand dein iunges Leben.
In dem so zog er aus sein Schwerdt,
Er stach's dem edlen Grafen werth,
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Mit grosen Schmerzen durch seinen Leib,
Dass er todt auf der Erden bleib.
Man band ihn an ein hohes Ross
Und schleppt ihn durch das tiefe Moos,
Darinn man seinen Leib begrub
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Sein leiblich Farb er an sich hub.
Es stund nicht länger als drey Tag an,
Es wuchsen drey Lilien auf seinem Grab,
Daran da steht geschrieben
Dass er bey Gott geblieben.
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Man grub ihn wieder aus dem Moos,
Man führt ihn auf sein festes Schloss,
Bey seiner Liebe man ihn begrub,
Sein leiblich Farb er an sich hub.
Er war den dritten Tag schon todt,
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Noch blüht er wie die Rosen roth.
Sein Angesicht war freundlich gar,
Sein ganzer Leib war hell und klar.
Ein groses Wunder auch da geschah,
Das mancher Mensch glaubhäftig sah,
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Seine Lieb er mit Armen umfieng,
Eine Red aus seinem Munde ging.
Und sprach Gott sey gebenedeyt,
Der uns gegeben die ewige Freud,
Weil ich bey meiner Bulen binn
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Fahr ich aus dieser Welt dahin
Mit leichtem und geringem Muth,
Lass hinter mir mein unschuldig Blut.
Fahr ich aus dieser Welt dahin
Da ich aus Noth erlöset binn.
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