Geniezeit
Volksballaden aus dem Elsass
Das Lied vom Zimmergesellen
Es war einmal ein Zimmergesell,
War gar ein iunges Blut,
Er baute dem jungen Marckgrafen ein Haus,
Fünfhundert sechs Läden daran.
Und wie das Haus gebauet war 5
Legt er sich drunter und schlieff.
Da kam des iungen Marckgrafen sein Weib
Zum zweiten zum drittenmal rief.
Steh auf steh auf gut Zimmergesell
Denn es ist an der Zeit10
Wenn dir beliebt bey mir zu schlafen,
An meinem schneeweissen Leib.
Ach nein, ach nein Marckgräfinn nein,
Das wär uns beyden ein Schand.
Und wenn es der iunge Marckgraf erfür 15
Wir müssten beyd aus dem Land.
Und da der beyden Wille geschah,
Sie meynten Sie wären allein,
Da kam die ältste Kammermagd
Zum Schlüsseloch schaut sie hinein.20
Ach Herr ach edler Hcrre mein
Gros Wunder an euerem Weib!
Der Zimmergesell thut schlaffen
An ihrem schneeweisen Leib.
Und schlafft es nun der Zimmergesell 25
An ihrem schneeweissen Leib,
Einen Galgen will ich ihm bauen
Zu Basel wohl an dem Rhein.
Mann führt den iungen Zimmergesell,
Auf's Rathhaus wohl in der Stadt 30
Sein Redel thät man ihm sprechen
Gehencket muss er seyn.
Da sprach der Burgemeister
Wir wollen ihn leben lahn,
Ist keiner unter uns allen 35
Der nicht hätt das gethan.
Was zog er aus dem Sacke?
Fünfhundert Goldgulden so roth.
Zieh hin zieh hin gut Zimmergesell
Darum kauf Wein und Brod.40
Und wenn du das Geld verzehret hast,
So komm du wieder zu mir,
So will ich dir lassen geben
Den besten Malvasier.
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