LYRIKATLAS
Der Kompass im Lyrikdschungel

Hans Aßmann von Abschatz

Gedicht 23 aus dem Zyklus
Anemons und Adonis Blumen

Die blauen Augen

Will noch die schwartze Nacht den Tag bestreiten/1
Und als ein irrend Licht bey duncklen Zeiten2
Der übereitlen Welt/3
Die/ was ihr wohlgefällt/4
Für einen Abgott hält/5
Den Sinn verleiten?6

Des Monden Silber kan bey Nacht erquicken/7
Und durch den Schatten bricht der Sterne Blicken.8
Ein stoltzer Diamant9
Der Dunckelheit verwandt10
Muß manche Fürsten-Hand11
Vor andern schmücken.12

Doch/ kan der Mond den Glantz der Sonn erreichen?13
Will sich der Sternen Licht dem Tage gleichen?14
Und muß der Demant nicht15
Wo des Carfunckels Licht16
Durch Nacht und Schatten bricht/17
Mit Scham entweichen?18

Verliebte/ wollt ihr wohl die Schiffahrt enden/19
Und an den sichern Port des Glückes länden.20
Last blauer Augen Schein21
Der Liebe Leitstern seyn/22
So wird sich eure Pein23
In Freude wenden.24

Traut schwartzen Augen nicht und ihrem Blincken/25
Wenn sie Sirenen gleich ins Netze wincken.26
Sieht man in schwartzer Flutt27
Voll Falsch und Wanckelmutt28
Nicht offters Schiff und Gutt29
Zu Grunde sincken?30

Ein blaues Auge spielt mit sanfften Wellen:31
Man sah aus blauer See die Venus quellen.32
Was Wunder/ wenn noch izt33
Cupido drinnen sizt/34
Und goldne Pfeile spizt/35
Die Welt zu fällen?36

Welch kaltes Hertze will nicht Flammen fangen/37
Wenn mitten in dem Schnee der Rosen-Wangen38
Mit blauer Liebligkeit/39
Daraus ihm selbst ein Kleid40
Der Himmel zubereit/41
Die Augen prangen!42

Vers-für-Vers-Kommentar

Will noch die schwartze Nacht den Tag bestreiten/1
Und als ein irrend Licht bey duncklen Zeiten2
Der übereitlen Welt/3
Die/ was ihr wohlgefällt/4
Für einen Abgott hält/5
Den Sinn verleiten?6

1 Will noch die schwartze Nacht den Tag bestreiten/

Sprachlich: Das Verb bestreiten trägt hier eine doppelte Valenz: es bedeutet sowohl leugnen, absprechen als auch kämpferisch entgegentreten. Die schwartze Nacht ist ein klassisches barockes Antonym zum Tag; das Adjektiv schwartze markiert Dunkelheit, Unwissenheit, Verblendung.

Rhetorisch: Antithetische Gegenüberstellung (Nacht vs. Tag) als Grundfigur; zugleich eine personifizierende Allegorie: die Nacht wird als handelndes Subjekt vorgestellt. Der nutzt eine Interrogativform (Will noch...?), die rhetorisch als Frage nach dem Fortbestehen einer überwundenen Finsternis funktioniert.

Inhaltlich: Gemeint ist ein Kampf zwischen Dunkelheit und Licht, traditionell allegorisch als Kampf zwischen Unwahrheit und Wahrheit, Irrtum und Erkenntnis, auch zwischen Heidentum und christlicher Wahrheit gedeutet. Die Frage setzt einen Übergang an: Ist es nicht eigentlich schon Zeit für das Licht des Tages, das Erkenntnis und Offenbarung symbolisiert?

2 Und als ein irrend Licht bey duncklen Zeiten

Sprachlich: irrend Licht spielt mit Mehrdeutigkeit: irrend heißt sowohl umherirrend, unstet als auch irreführend. dunckle Zeiten ist eine barocke Metapher für Verwirrung, Unwissenheit oder moralischen Verfall.

Rhetorisch: Fortführung der Metapher von Licht und Dunkelheit, zugleich eine paradoxe Verbindung: Licht wird nicht als Quelle von Klarheit, sondern als irrend beschrieben. Eine Oxymoron-Tendenz: Licht, das eigentlich klären soll, verstärkt die Verwirrung.

Inhaltlich: Das Bild deutet eine falsche, trügerische Orientierung in Zeiten der Finsternis an. Statt wahres Licht (Gotteserkenntnis, Wahrheit) tritt ein irrendes Licht auf, das die Menschen nicht rettet, sondern noch mehr verstrickt.

3 Der übereitlen Welt/

Sprachlich: übereitl ist barocke Zuspitzung, bedeutet übermäßig eitel, in eitler Selbstbezogenheit versunken. Der verkürzte, elliptische hängt syntaktisch vom vorigen ab.

Rhetorisch: Hyperbel im übereitlen; die Welt wird generalisierend charakterisiert. Enjambement verstärkt die semantische Abhängigkeit.

Inhaltlich: Die Welt ist von Eitelkeit bestimmt, in barocker Konnotation: Vergänglichkeit, Selbsttäuschung, Sünde. Der falsche Schein (das irrende Licht) trifft auf eine ohnehin korrumpierte Welt.

4 Die/ was ihr wohlgefällt/

Sprachlich: wohlgefällt verweist auf subjektive, willkürliche Vorlieben. Die Syntax ist fragmentarisch und verschiebt die Spannung ins nächste Glied.

Rhetorisch: Relativsatz-Konstruktion mit Verschachtelung (Die, was ihr wohlgefällt), typisch barocke Parenthese. Durch den Einschub wird das Selbstbezogene der Welt betont.

Inhaltlich: Die Welt orientiert sich nicht am Wahren oder Guten, sondern an dem, was ihr selbst gefällt – Maßstab ist das eigene Begehren.

5 Für einen Abgott hält/

Sprachlich: Abgott ist ein stark aufgeladenes Wort: es bezeichnet sowohl heidnische Götzenbilder als auch jede falsche Priorität, die den wahren Gott verdrängt.

Rhetorisch: Metapher und religiöse Allegorie: das Gefällige wird nicht nur geschätzt, sondern geradezu kultisch verehrt.

Inhaltlich: Weltliche Dinge werden zu Abgöttern erhoben. Gemeint ist die Idolatrie der Welt, die das irrende Licht für göttlich hält. Die Strophe bewegt sich hier klar im barocken Diskurs der vanitas- und memento mori-Literatur, die das Falsche, Vergängliche als Götzendienst kennzeichnet.

6 Den Sinn verleiten?

Sprachlich: Sinn bezeichnet hier das menschliche Erkenntnisvermögen, die innere Ausrichtung. verleiten trägt die Bedeutung des moralischen Irreführens. Die Frageform beendet die Strophe mit einem zugespitzten Affekt.

Rhetorisch: Rhetorische Frage als Schlussakkord, Klimax der zuvor aufgebauten Argumentation: Dunkelheit → irrendes Licht → eitle Welt → Abgötterei → Verführung des Sinns. Das Fragezeichen verstärkt den appellativen Ton.

Inhaltlich: Die Pointe: Der Sinn des Menschen wird irregeleitet – durch Nacht, falsches Licht und die Abgötterei der Welt. Damit schließt die Strophe einen barocken Lehrgedanken ab: Warnung vor Verblendung und falscher Orientierung, die von Gott wegführt.

Des Monden Silber kan bey Nacht erquicken/7
Und durch den Schatten bricht der Sterne Blicken.8
Ein stoltzer Diamant9
Der Dunckelheit verwandt10
Muß manche Fürsten-Hand11
Vor andern schmücken.12

7 Des Monden Silber kan bey Nacht erquicken/

Sprachlich: Der Genitiv des Monden verweist auf eine poetische, fast barock-höfische Form der Zuschreibung: der Mond besitzt Silber. Dieses Silber ist Metonymie für sein Licht. Das Verb erquicken ist archaisch-feierlich und vermittelt sowohl körperliche Erfrischung als auch geistig-seelische Belebung.

Rhetorisch: Hier liegt eine Metapher vor: das Licht des Mondes wird zum Silber. Gleichzeitig ein Topos der Emblematik: der Mond als tröstender Nachtstern.

Inhaltlich: Der eröffnet eine Vergleichsreihe, die auf die Schönheit der blauen Augen bezogen wird. Das Silber des Mondes wird zur ersten Stufe der Kostbarkeiten, die das lyrische Ich heranzieht. Der Gedanke: selbst die strahlende Naturerscheinung des Mondlichts kann erquicken, doch wird später übertroffen von der Wirkung der Augen.

8 Und durch den Schatten bricht der Sterne Blicken.

Sprachlich: Auffällig ist der Singular Blicken im Pluralgebrauch, ein barocker Duktus. Durch den Schatten brechen verdeutlicht ein dynamisches Bild: Dunkelheit wird durchbohrt von Sternenstrahlen.

Rhetorisch: Alliteration Schatten – Sterne verstärkt den Bildcharakter. Zugleich ein Parallelismus zum vorhergehenden Vers: Naturlicht wirkt in der Dunkelheit.

Inhaltlich: Der intensiviert den Vergleich: nach dem Mond nun die Sterne, die durch die Finsternis hindurchdringen. Damit wird eine Steigerung vorbereitet: die Schönheit der Augen übertrifft auch die Blicken der Sterne.

9 Ein stoltzer Diamant

Sprachlich: stoltzer markiert barocke Wertsemantik: kostbar, erhaben, prächtig. Das Substantiv Diamant steht isoliert am Versanfang, wodurch seine Strahlkraft hervorgehoben wird.

Rhetorisch: Parataxe und Enjambement (die Folgeversen sind Ergänzungen). Ein Schmuckstück als Gleichnis für die Augen – klassisches barockes Vergleichsarsenal.

Inhaltlich: Nach Mond und Sternen tritt nun das Reich der Mineralien und Juwelen auf – eine Verschiebung von Naturerscheinungen zu menschlich-kultureller Kostbarkeit. Der Diamant als Inbegriff unvergleichlichen Glanzes.

10 Der Dunckelheit verwandt

Sprachlich: verwandt bedeutet hier verknüpft mit oder der Dunkelheit eigen. Der Diamant, obwohl funkelnd, ist ein Stein, der aus der Erde, der Tiefe, der Dunkelheit stammt.

Rhetorisch: Antithese liegt im Hintergrund: das strahlendste Edelgestein entstammt dem Dunkel.

Inhaltlich: Der hebt die paradoxe Natur des Diamanten hervor: aus Finsternis geboren, aber im Licht unübertrefflich. Übertragung auf die Augen: sie besitzen Glanz, doch zugleich Tiefe und ein Geheimnis, das im Dunkel wurzelt.

11 Muß manche Fürsten-Hand

Sprachlich: Die Formulierung manche Fürsten-Hand evoziert höfische Konnotationen, das Bild von Königen oder Fürsten, die nach dem Edelstein greifen.

Rhetorisch: Synekdoche: die Hand steht für die Person des Fürsten, zugleich Metonymie für Macht und Besitz.

Inhaltlich: Der Diamant als kostbarstes Gut ist Fürsten vorbehalten. Das zeigt die höchste soziale Wertstufe: von Natur über Mineralien bis zur Herrschaftssphäre.

12 Vor andern schmücken.

Sprachlich: Der Infinitiv schmücken beschließt den Satz, wirkt wie die Pointe der Beschreibung. Vor andern bedeutet: vor anderen Gütern, oder auch: im Vorrang gegenüber anderen Menschen.

Rhetorisch: Kadenzschließung mit klarer Wirkung: der Schmuck als Ziel und Sinn des Diamanten. Gleichzeitig wird die Parallelität zu den Augen vorbereitet – diese schmücken den Geliebten oder das lyrische Subjekt noch weit mehr.

Inhaltlich: Hier kulminiert die Wertsteigerung: Diamanten sind die höchste Zierde für Fürsten. Doch implizit wird bereits darauf hingewiesen, dass selbst dies hinter der Schönheit der blauen Augen zurückstehen muss.

Doch/ kan der Mond den Glantz der Sonn erreichen?13
Will sich der Sternen Licht dem Tage gleichen?14
Und muß der Demant nicht15
Wo des Carfunckels Licht16
Durch Nacht und Schatten bricht/17
Mit Scham entweichen?18

13 Doch/ kan der Mond den Glantz der Sonn erreichen?

Sprachlich: Die Satzstruktur ist als rhetorische Frage gestaltet; die Gegenüberstellung von Mond und Sonn bringt ein antithetisches Verhältnis zum Ausdruck. Der Glantz ist ein Schlüsselwort barocker Bildlichkeit: Licht als Metapher für Schönheit, Strahlkraft und göttliche Präsenz.

Rhetorisch: Antithese und rhetorische Frage verschränken sich. Der Mond gilt traditionell als Empfänger und Spiegel des Sonnenlichts, nicht als Quelle. Die Frage ist bewusst suggestiv: sie lenkt die Antwort auf ein Nein.

Inhaltlich: Hier beginnt der Vergleich, der in dieser Strophe durchgehalten wird: die blauen Augen der Geliebten sind so überlegen, dass selbst höchste irdische Glanzsymbole nicht konkurrieren können. Der Mond (schwach im Verhältnis zur Sonne) repräsentiert ein Abbild oder ein minderwertiges Pendant; er wird Maßstab für die Unmöglichkeit, sich mit der eigentlichen Quelle (den Augen / Sonne) zu messen.

14 Will sich der Sternen Licht dem Tage gleichen?

Sprachlich: Der Parallelismus zu 13 ist klar. Sternen Licht und Tage sind wiederum als Kontrastpaare aufgebaut.

Rhetorisch: Wieder eine rhetorische Frage, die eine klare negative Antwort nahelegt. Die Wiederholung der Struktur (Konstruktion: X dem Y gleichen?) verstärkt den Anaphern-ähnlichen Effekt.

Inhaltlich: Der Vergleich steigert sich: Nicht nur der Mond, sondern auch die gesamte Sternenfülle ist machtlos gegen das Licht des Tages. Daraus wird die Hyperbel deutlich: die Augen der Geliebten überstrahlen das gesamte Himmelszelt. Inhaltlich wird also eine Steigerung der Unvergleichlichkeit eingeführt.

15 Und muß der Demant nicht

Sprachlich: Hier erfolgt eine Verschiebung der Bildwelt: weg von astronomischen, hin zu mineralischen Motiven. Der Demant (Diamant) gilt im Barock als höchster Edelstein, Symbol der Härte, Reinheit und Kostbarkeit. Die Ellipse (muß … nicht) erzeugt Spannung und verweist auf den Fortgang in den nächsten Versen.

Rhetorisch: Auftakt einer dritten rhetorischen Frage, die mit Und bewusst an die beiden vorigen anknüpft und die Reihe fortsetzt.

Inhaltlich: Der Diamant, als Inbegriff des Edlen, wird in die gleiche Relation gesetzt wie Mond und Sterne: auch er kann nicht bestehen. Damit wird die Geliebte nicht nur über kosmische, sondern auch über irdisch-materiell höchste Werte erhoben.

16 Wo des Carfunckels Licht

Sprachlich: Carfunckel (Karfunkelstein) ist ein alter Begriff für Edelsteine wie Granat oder Rubin, die durch ihr inneres Feuer leuchten. Der Genitiv (des Carfunckels Licht) unterstreicht den Vergleich auf der Ebene von Strahlen und Glanz.

Rhetorisch: Metonymie und Symbolik greifen ineinander: der Karfunkel steht für das geheimnisvolle, selbstleuchtende Juwel.

Inhaltlich: Der Karfunkel wird dem Diamant entgegengesetzt – während der Diamant nur im Reflex glänzt, hat der Karfunkel eigenes Licht. Dadurch wird die Hierarchie von edelsten Steinen und ihrer Wirkung vorbereitet: selbst wenn der Karfunkel durchbricht, kann der Diamant nicht mithalten.

17 Durch Nacht und Schatten bricht/

Sprachlich: Die Alliteration Nacht und Schatten betont die Dunkelheitsdimension. Das Verb brechen beschreibt ein gewaltsames Durchdringen, ein Durchstoßen der Finsternis.

Rhetorisch: Bildhaftigkeit und Dynamik – die Dunkelheit wird als Widerstand imaginiert, das Licht als Kraft, die diesen Widerstand überwindet.

Inhaltlich: Der Karfunkel ist so stark, dass er selbst durch die Nacht strahlen kann. Damit wird eine Konstellation entworfen: Diamant (passiv, schwach) vs. Karfunkel (aktiv, leuchtend). Doch die Augen der Geliebten werden noch über beide gestellt.

18 Mit Scham entweichen?

Sprachlich: Das Bild des Schamhaft-Entweichens personifiziert den Edelstein (Diamant), als ob er Gefühle hätte. Die Metapher steigert den Vergleich ins Anthropomorphe: sogar das scheinbar starre Mineral reagiert mit Scham auf das Überstrahlen.

Rhetorisch: Pointe der dritten rhetorischen Frage; das Fragezeichen hat hier schon fast die Funktion einer Exklamation. Die Scham ist ein affektives Bild, das das Pathos intensiviert.

Inhaltlich: Abschließende Demütigung des Diamanten. Er muss weichen, wenn der Karfunkel durchbricht – und beides zusammen deutet wiederum auf das noch größere, unvergleichliche Strahlen der Geliebten. Die Augen erscheinen damit nicht nur als überirdisches, sondern geradezu als theologisch überhöhbares Lichtprinzip.

Verliebte/ wollt ihr wohl die Schiffahrt enden/19
Und an den sichern Port des Glückes länden.20
Last blauer Augen Schein21
Der Liebe Leitstern seyn/22
So wird sich eure Pein23
In Freude wenden.24

19 Verliebte/ wollt ihr wohl die Schiffahrt enden/

Sprachlich: Das lyrische Verliebte setzt einen direkten Anruf ein: eine Apostrophe, die nicht abstrakt bleibt, sondern das Gedicht performativ auf die Hörer/Leser überträgt. Das Bildfeld der Schiffahrt ist ein Topos der barocken Dichtung, oft in Verbindung mit der vita als periculosa navigatio. Die Syntax ist hypotaktisch eingeleitet, mit der modalen Frage wollt ihr wohl als Appellform.

Rhetorisch: Wir haben eine klare Apostrophe (Verliebte) kombiniert mit einer rhetorischen Frage. Dazu die Allegorie der Schiffahrt für das Liebesleben: sie suggeriert Unsicherheit, Gefahr, Unstetigkeit. Zugleich klingt das Motiv der Odyssee, der Fahrt ins Ungewisse, als kulturelles Substrat mit.

Inhaltlich: Hier richtet sich das Gedicht an die allegorische Gemeinschaft aller Liebenden: Sie stehen auf einer Reise, deren Ziel ungewiss bleibt. Die Schiffahrt ist Sinnbild der Mühsal und Prüfung, die Liebe bedeutet. Die Frage deutet an: Wollt ihr endlich ein Ende des Leidens finden, also eine Auflösung im Glück? Damit wird der Sehnsuchtsraum aufgerufen.

20 Und an den sichern Port des Glückes länden.

Sprachlich: Der Port (Hafen) wird mit dem Attribut sichern versehen – eine bewusste Kontrastbildung zur Gefährlichkeit der Schiffahrt. Das Verb länden (landen) ist poetisch, dem maritimen Sprachfeld treu bleibend.

Rhetorisch: Die Metapher wird konsequent fortgeführt: Hafen als Ort der Ruhe und Sicherheit. Hier liegt eine allegorische Metonymie vor: der Hafen wird zur Chiffre des ersehnten Endziels – Glück, Ruhe, erfüllte Liebe. Gleichzeitig wird das Motiv der Teleologie eingesetzt: die Bewegung auf ein Ziel hin.

Inhaltlich: Der Liebesweg, durch Gefahr und Unsicherheit hindurch, kann in einen sichern Port münden, nämlich in den Zustand erfüllter Zweisamkeit, in Liebesglück. Die barocke Existenzvorstellung des ruhelosen Lebens erhält hier eine positive Wendung: es gibt Erlösung, wenn man den rechten Leitstern findet.

21 Last blauer Augen Schein

Sprachlich: Das Imperativwort Last (= lasst) ruft erneut zur Handlung auf. Blauer Augen Schein ist eine synästhetische Metapher: die Farbe Blau, die Augen als Sinnesorgan, der Schein als Licht- und Strahlenmetaphorik. Diese Verbindung ist typisch für barocke Poetik, die von Augenglanz und Augenschein als Macht des Erotischen spricht.

Rhetorisch: Hier liegt eine Personifikation der Augen vor: sie strahlen, sie sind handlungsfähig. Zudem wirkt die Alliteration Augen – Schein verstärkend. Die Augen der Geliebten werden zugleich zu einem poetischen locus amoenus und zu einem kosmischen Orientierungspunkt.

Inhaltlich: Der Schein der blauen Augen wird als zentrale Quelle des Heils und der Orientierung für die Liebenden gesetzt. Damit wird die individuelle Erfahrung (der Geliebten Augen) universalisiert: sie sind Wegweiser für alle Verliebten.

22 Der Liebe Leitstern seyn/

Sprachlich: Leitstern ist ein Kompositum, das nautische Orientierung mit kosmischer Symbolik verbindet. Es verknüpft den maritimen Diskurs mit dem astrologischen. Die Syntax bleibt knapp und gebieterisch: die Augen sollen dieser Stern sein.

Rhetorisch: Der Leitstern ist eine Allegorie, die den Augen der Geliebten überirdische, ja transzendente Bedeutung verleiht. Wir finden hier ein Beispiel für die translatio: von der sinnlichen Erscheinung (Augenschein) zur metaphysischen Funktion (Himmelsstern).

Inhaltlich: Die Augen, die leuchten, werden zur Führung der Liebenden: so wie ein Seemann sich nach Sternen richtet, so richten sich Verliebte nach dem Blick der Geliebten. Das Bild steigert die Liebeskonzeption in eine kosmische Dimension.

23 So wird sich eure Pein

Sprachlich: So wird markiert die konsekutive Struktur: wenn man den Augen als Leitstern folgt, dann tritt eine Wirkung ein. Pein ist ein typisch barocker Ausdruck für die Leiden und Qualen der Liebe.

Rhetorisch: Hier beginnt die Folgerung, die durch die zuvor entwickelten Metaphern vorbereitet ist. Die Leidenssemantik wird noch einmal aufgerufen, um den Kontrast zur erhofften Verwandlung zu schärfen.

Inhaltlich: Die Liebenden erfahren Pein, Schmerz, Unsicherheit – all das ist integraler Bestandteil der barocken Liebeserfahrung. Doch es gibt Hoffnung: durch Orientierung an den blauen Augen kann sich alles wandeln.

24 In Freude wenden.

Sprachlich: Der Ausdruck ist knapp, fast lapidar. Wenden ist ein dynamisches Verb, das auf Umkehr und Transformation hinweist. Freude ist der Gegenbegriff zu Pein: Antithetik wird abgeschlossen.

Rhetorisch: Die Antithese Schmerz–Freude, Pein–Lust, Leiden–Erfüllung ist ein barockes Grundmuster. Zugleich klingt hier die theologisch gefärbte Vorstellung von Verwandlung und Gnade an: eine Wende des Schicksals, ermöglicht durch die richtige Orientierung.

Inhaltlich: Der Weg von Leid zu Freude wird verheißen – die zentrale Botschaft der Strophe. Die blauen Augen, Leitstern der Liebe, garantieren diese Metamorphose. Das Liebesglück wird nicht abstrakt, sondern kosmisch und allegorisch verbürgt.

Traut schwartzen Augen nicht und ihrem Blincken/25
Wenn sie Sirenen gleich ins Netze wincken.26
Sieht man in schwartzer Flutt27
Voll Falsch und Wanckelmutt28
Nicht offters Schiff und Gutt29
Zu Grunde sincken?30

25 Traut schwartzen Augen nicht und ihrem Blincken/

Sprachlich: Die Zeile eröffnet mit einem Imperativ (Traut … nicht), wodurch eine klare Warnungsstruktur etabliert wird. Das Adjektiv schwartzen steht im markanten Gegensatz zu den zuvor gepriesenen blauen Augen und ruft eine Farbsemantik auf, die mit Dunkelheit, Gefahr und Verführung assoziiert wird. Blincken wird orthographisch frühneuhochdeutsch mit ck geschrieben, verstärkt also das anschauliche Moment.

Rhetorisch: Die Zeile ist als Appell an den Leser bzw. Hörer gestaltet, direkt mahnend. Das Blincken ist eine Personifikation der Augen, die als bewusst handelnd dargestellt werden: nicht bloß passiv leuchtend, sondern gezielt Signale sendend.

Inhaltlich: Augen, die schwarz sind, werden mit Argwohn betrachtet. Das Blinzeln oder Zwinkern wird als Täuschungsakt interpretiert, als bewusstes Lockmittel. Damit wird eine moralische Wertung eingeführt: Schwarze Augen gelten als verräterisch und gefährlich, während blaue Augen (in den übrigen Strophen) für Treue und Reinheit stehen.

26 Wenn sie Sirenen gleich ins Netze wincken.

Sprachlich: Der Vergleich mit den Sirenen führt eine mythisch-klassische Referenz ein. Das Netze wincken verstärkt durch den Binnenreim eine fast lautmalerische Qualität, die zugleich das Verlockende und das Gefährliche betont. Orthographisch zeigt das Wort wincken mit w statt v die ältere Schreibung.

Rhetorisch: Die Simile-Konstruktion (gleich …) ist ein klassisches rhetorisches Mittel. Sie verknüpft die sinnliche Attraktivität der schwarzen Augen mit tödlicher Gefahr – die Augen werden zu Verführerinnen wie die Sirenen, die Seefahrer ins Verderben locken.

Inhaltlich: Hier wird die ambivalente Funktion der schwarzen Augen weiter ausgebaut: sie locken, sie ziehen an, sie versprechen Lust und Schönheit – doch dieses Versprechen ist trügerisch. Der Netz-Topos deutet auf Gefangennahme, Unfreiheit, Verlust der Selbstbestimmung.

27 Sieht man in schwartzer Flutt

Sprachlich: schwartzer Flutt setzt die Farbmetaphorik fort und greift ein maritimes Bild auf. Flutt ist semantisch stark aufgeladen: Meer, Sturm, Wogen, also ein Raum des Unberechenbaren.

Rhetorisch: Die Verszeile wirkt elliptisch: Das Prädikat bleibt unvollständig, da die Konstruktion im nachfolgenden ergänzt wird. Das erzeugt ein Schweben, ein Moment des Hinauszögerns. Zugleich arbeitet der Dichter mit der Metapher: Augen = Flut.

Inhaltlich: Schwarze Augen werden hier gleichsam mit dunklen Meereswogen identifiziert – die Unruhe, Tiefe, Bedrohung des Meeres wird auf das Blickfeld der Augen übertragen. Inhaltlich verbindet sich die visuelle Dunkelheit mit existenzieller Gefahr.

28 Voll Falsch und Wanckelmutt

Sprachlich: Das Adjektiv voll intensiviert, steigert den Eindruck von Gefährlichkeit. Falsch und Wanckelmutt (heute Wankelmut) sind semantisch gekoppelt: Betrug und Unbeständigkeit. Die Formulierung ist prägnant, fast sprichwortartig.

Rhetorisch: Alliteration (Falsch und Wanckelmutt) sowie die Paarbildung verstärken die Aussage. Diese knappen Begriffe fungieren als moralisches Urteil, beinahe apodiktisch.

Inhaltlich: Schwarze Augen erscheinen hier nicht nur als gefährlich, sondern auch als moralisch verwerflich: sie stehen für Täuschung, für Instabilität, für den Verlust von Verlässlichkeit. Damit wird eine klare Wertung formuliert, die dem Ideal der blauen Augen entgegengesetzt ist.

29 Nicht offters Schiff und Gutt

Sprachlich: offters zeigt den frühneuhochdeutschen Sprachstand, heute öfters. Schiff und Gutt ist eine hendiadyoische Wendung, die Besitz und Leben des Seefahrers umfasst.

Rhetorisch: Die Zeile ist als rhetorische Frage angelegt, die sich im Folgevers vollendet. Die Struktur Nicht …? stellt eine Bestätigung durch Verneinung dar (erwartete Antwort: Ja, oft).

Inhaltlich: Der Blick auf reale maritime Gefahren wird zur Allegorie: Schiffe (als Träger von Gut und Leben) gehen im dunklen Meer unter – so, wie Liebende im Bann der schwarzen Augen ins Verderben geraten.

30 Zu Grunde sincken?

Sprachlich: Der Infinitiv mit Fragezeichen schließt die rhetorische Frage ab. sincken statt sinken ist orthographisch altertümlich. Die Alliteration von Grunde und sincken verstärkt die klangliche Wirkung.

Rhetorisch: Der ist als Kulmination gedacht, die durch die Frageform dem Leser den gedanklichen Abschluss überlässt: es ist keine offene Frage, sondern eine Bestätigungsfrage.

Inhaltlich: Das Bild der Schiffe, die in der schwarzen Flut versinken, schließt den Vergleichskreis: Schwarze Augen werden zur tödlichen Bedrohung, sie führen ins Verderben. Die Allegorie steigert sich von der sinnlichen Gefahr des Blinzelns (25) über mythische Lockbilder (26) bis hin zum Untergang von Leben und Besitz (29–30).

Ein blaues Auge spielt mit sanfften Wellen:31
Man sah aus blauer See die Venus quellen.32
Was Wunder/ wenn noch izt33
Cupido drinnen sizt/34
Und goldne Pfeile spizt/35
Die Welt zu fällen?36

31 Ein blaues Auge spielt mit sanfften Wellen:

Sprachlich: Die Metapher des Spielens suggeriert Leichtigkeit, Beweglichkeit, eine Art lebendigen Tanzes. Das Adjektiv sanfften wirkt beschwichtigend und zärtlich, in barocker Orthographie mit doppeltem ff betont. Wellen knüpfen unmittelbar an das Bild des Wassers.

Rhetorisch: Die Personifikation des Auges, das aktiv spielt, evoziert ein lebendiges Bild. Parallel dazu wird das Auge mit einem Element der Natur – dem Wasser – gleichgesetzt.

Inhaltlich: Das Auge wird mit dem Meer verglichen, sein Blau entspricht den Wellen. Die Dynamik des Blicks erscheint nicht starr, sondern fließend und vital, wie ein Teil der Natur selbst.

32 Man sah aus blauer See die Venus quellen.

Sprachlich: Das Quellen knüpft an antike Mythen an, Venus (Aphrodite) entstieg dem Meeresschaum. Blauer See doppelt die Farbsymbolik des blauen Auges.

Rhetorisch: Mythologische Allegorie; die Augen als Ursprungsort der Göttin der Liebe. Gleichzeitig wird ein episches Bild in lyrische Miniatur überführt.

Inhaltlich: Das Auge ist nicht nur mit dem Meer verwandt, sondern wird selbst zur Quelle der Schönheit und der Liebe. Die Assoziation mit Venus intensiviert die erotische Aufladung des Blicks.

33 Was Wunder/ wenn noch izt

Sprachlich: Rhetorische Frage, hier als Einleitung. Wunder verweist auf das Staunenswerte, fast Übernatürliche. Die veraltete Form izt (= jetzt) zeigt barocke Orthographie.

Rhetorisch: Apostrophe des Lesers – die Rede wendet sich ihm direkt zu, um Zustimmung einzuholen.

Inhaltlich: Die Einführung der rhetorischen Frage bereitet das Argument vor: Wenn Venus schon aus dem Auge-Meer stieg, so ist es kein Wunder, dass auch andere mythische Figuren dort wohnen.

34 Cupido drinnen sizt/

Sprachlich: Cupido, der römische Liebesgott, wird in das Auge hineingesetzt. Das Verb sitzen ist schlicht, aber in diesem Kontext überraschend konkret: der Gott als kleiner Bewohner.

Rhetorisch: Miniaturisierung des Mythos: Cupido in einem Auge sitzen zu lassen, ist hyperbolische und spielerische Bildgestaltung.

Inhaltlich: Das Auge ist nicht nur Spiegel, sondern Wohnort der Gottheit. Die Liebe wohnt im Blick selbst und richtet sich von dort auf die Welt.

35 Und goldne Pfeile spizt/

Sprachlich: Spitzen verweist auf die Vorbereitung zum Schuss. Goldne Pfeile sind klassisches Attribut Cupidos. Die barocke Orthographie spizt unterstreicht den Klang.

Rhetorisch: Antithetische Spannung: das zarte blaue Auge kontrastiert mit den scharfen Waffen Cupidos.

Inhaltlich: Der Blick birgt eine Gefahr. Aus dem zarten Auge erwächst die Kraft der Liebe, die wie ein Angriff wirkt. Liebe ist also nicht nur Schönheit, sondern auch Waffe.

36 Die Welt zu fällen?

Sprachlich: Fällen (wie Bäume fällen) betont Gewalt, umfassende Macht, totale Wirksamkeit.

Rhetorisch: Hyperbel: nicht nur Einzelne, sondern die Welt wird durch den Liebespfeil bedroht. Das Fragezeichen intensiviert den Pathosgestus.

Inhaltlich: Die Liebe wird als universale Macht dargestellt, die nicht begrenzt bleibt, sondern die ganze Welt umfassen und niederstrecken kann. Aus dem kleinen blauen Auge entsteht eine kosmische Machtprojektion.

Augen-Metaphysik: Das Auge als Spiegel und Ursprung – es ist nicht bloß ein Organ, sondern eine kosmische Quelle, in der mythische Gottheiten wohnen.

Liebe als Naturmacht: Durch die Gleichsetzung mit Meer und Wellen erscheint Liebe als Naturgesetz, nicht nur als individuelles Gefühl.

Mythologische Universalität: Venus und Cupido als Archetypen der Liebe werden im Individuum verortet, was den barocken Gedanken der Makro-Mikrokosmos-Entsprechung spiegelt.

Ambivalenz von Schönheit und Gewalt: Der Blick ist sanft und spielerisch, birgt aber zugleich Waffen der Liebe, die verletzen und niederwerfen.

Totalität der Liebe: Durch die Hyperbel die Welt zu fällen wird Liebe als kosmisch-universale Macht gedacht, die über alle Einzelnen hinausreicht.

Barocke Dialektik von Vergänglichkeit und Macht: Das fragile Auge enthält eine göttlich-unendliche Macht, womit das Barock den Kontrast zwischen Endlichkeit und Übermacht der Leidenschaft vorführt.

Welch kaltes Hertze will nicht Flammen fangen/37
Wenn mitten in dem Schnee der Rosen-Wangen38
Mit blauer Liebligkeit/39
Daraus ihm selbst ein Kleid40
Der Himmel zubereit/41
Die Augen prangen!42

37 Welch kaltes Hertze will nicht Flammen fangen

Sprachlich: Die Formulierung kaltes Hertze greift die barocke Konvention der Herzensmetaphorik auf: das Herz steht für Gefühl, Leidenschaft, Empfindungsfähigkeit. Kalt bedeutet hier nicht bloß emotional distanziert, sondern nahezu wider die Natur des menschlichen Empfindens.

Rhetorisch: Es handelt sich um eine rhetorische Frage, die mit einer Erwartungshaltung arbeitet: Kein Herz könne unberührt bleiben. Die Alliteration Flammen fangen intensiviert die Bildlichkeit und betont die Unvermeidbarkeit des Liebesaffekts.

Inhaltlich: Der legt die Grundbehauptung fest: selbst der Kälteste, der Gleichgültigste wird durch den Blick der blauen Augen entzündet. Damit rückt der Sprecher die Augen in den Bereich einer übermenschlichen Macht, die keine Resistenz zulässt.

38 Wenn mitten in dem Schnee der Rosen-Wangen

Sprachlich: Hier begegnet eine barocke Antithese: Schnee und Rosen verbinden sich paradox. Schnee verweist auf die Blässe, Reinheit und Kühle der Haut; Rosen auf die Röte, Wärme und Lebendigkeit.

Rhetorisch: Das Oxymoron Schnee der Rosen-Wangen steigert die Spannung der Sinnlichkeit: Das Gesicht wird zum Ort kontrastiver Schönheit, anziehend gerade in der Vereinigung von Gegensätzen.

Inhaltlich: Der beschreibt den Ort, an dem die blauen Augen erscheinen: eingebettet in ein Gesicht, dessen Schönheit als übernatürliche Mischung von Reinheit (Schnee) und Glut (Rosen) gefasst wird.

39 Mit blauer Liebligkeit

Sprachlich: Der ungewöhnliche Ausdruck Liebligkeit verbindet lieblich (zart, anmutig, schön) mit einer Substantivierung, die das Qualitative zum Wesenhaften erhebt. Blau ist hier nicht nur Farbe, sondern Signal für Reinheit, Klarheit, Treue – zugleich eine symbolische Farbe des Transzendenten.

Rhetorisch: Durch die Kürze des Verses und die Konzentration auf ein einziges Kompositum wird eine Art Exklamationsmoment erzeugt, fast wie ein Ausruf, der die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche richtet.

Inhaltlich: Die Augen werden als Träger einer blauen Liebligkeit bestimmt, das heißt, ihre Farbe ist nicht äußerliches Attribut, sondern innere Essenz: die Augen sind nicht nur blau, sie sind die Verkörperung einer lieblichen, anziehenden Qualität.

40 Daraus ihm selbst ein Kleid

Sprachlich: Daraus verweist zurück auf die blaue Liebligkeit. Ein Kleid wird hier metaphorisch verstanden. Das Kleid fungiert als sichtbare Hülle, als Ausdruck.

Rhetorisch: Der öffnet eine Metapher: aus den Augen webt sich gleichsam ein Kleid. Die Personalisation (ihm selbst) weist auf eine Instanz hin, die dieses Kleid bereitet – der Himmel.

Inhaltlich: Die blauen Augen sind nicht nur individuell-schönes Merkmal, sondern Medium eines kosmischen Vorgangs: aus ihnen schöpft sich eine größere, übernatürliche Ordnung.

41 Der Himmel zubereit

Sprachlich: zubereiten ist ein aktives, schöpferisches Verb. Der Himmel wird zur gestaltenden Kraft, die nicht nur Natur hervorbringt, sondern sich im Kleid der Augen selbst offenbart.

Rhetorisch: Der Enjambement-Charakter zwischen 40 und 41 (… ein Kleid / Der Himmel zubereit) steigert den Eindruck eines kontinuierlichen Schöpfungsprozesses. Der Himmel arbeitet gleichsam am Gewand, das durch die Augen sichtbar wird.

Inhaltlich: Die Augen sind nicht bloß individuelle Schönheit, sondern sie werden als Manifestation des Himmels begriffen – als direkte Transzendenzerscheinung.

42 Die Augen prangen!

Sprachlich: prangen bedeutet glänzen, strahlen, zur Schau gestellt sein. Das Verb hat in der Barockpoesie häufig eine feierliche, fast liturgische Konnotation.

Rhetorisch: Der Exklamationsvers beschließt die Strophe mit einer emphatischen Kulmination. Das Verb im Präsens und der Ausruf verleihen dem den Charakter eines Höhepunkts.

Inhaltlich: Alles Vorangehende läuft auf diesen Schluss hinaus: die Augen sind das strahlende Resultat der himmlischen Schöpfung, das Zentrum der Schönheit und der Liebe.

Anthropologische Dimension: Das Herz als Sitz des Empfindens ist unfähig, kalt zu bleiben angesichts der Schönheit – Liebe wird hier als universales, anthropologisch unhintergehbares Phänomen bestimmt.

Ästhetisch-metaphysische Dimension: Schönheit erscheint als Synthese von Gegensätzen (Schnee und Rosen), was auf eine barocke Ontologie der Harmonie verweist: das Wahre und Schöne liegt in der Einheit des Paradoxen.

Symbolik des Blauen: Die Augenfarbe wird zu einer Chiffre des Göttlichen. Blau steht nicht nur für sinnliche Schönheit, sondern für himmlische Transzendenz – eine Brücke zwischen sichtbarer Erscheinung und unsichtbarer Ordnung.

Kosmologische Dimension: Der Himmel ist nicht bloß ferne Sphäre, sondern schöpferische Macht, die sich im Irdischen kleidet. Damit wird Schönheit als Teilhabe am göttlichen Schöpfungsakt verstanden.

Ontologische Offenbarung: Die Augen prangen nicht nur als Schmuck der Person, sondern als Offenbarung des Himmels selbst. Schönheit ist hier nicht äußerlich, sondern ein Epiphanie-Ort des Göttlichen im Menschlichen.

Ethische Dimension: Die rhetorische Frage impliziert eine normative Aussage: es ist wider die Natur, kalt zu bleiben angesichts solcher Schönheit. Liebe wird zur moralischen Verpflichtung des Herzens.

Organischer Aufbau und Verlauf

Das Gedicht ist dramaturgisch sorgfältig aufgebaut.

Strophe 1–2: Kontrast zwischen Nacht und Tag, Mond und Sonne, Stern und Karfunkel, Diamant und höherem Licht. Es wird eine Hierarchie von Lichtern entfaltet, die der Einbildung der Welt gegenübergestellt wird. Dunkle Schönheit (Nacht, Diamant, Sterne) erscheint reizvoll, muss sich aber vor dem stärkeren Licht (Sonne, Karfunkel) zurückziehen.

Strophe 3–4: Übertragung dieser kosmischen und mineralischen Metaphorik auf die Liebe: Blauäugige Geliebte sind sichere Leitsterne, die den Liebenden in den Port des Glückes führen. Dagegen werden schwarzäugige Frauen mit Sirenen gleichgesetzt, die in die Gefahr des Untergangs führen.

Strophe 5–6: Positive Ausgestaltung des blauen Auges als sanfte See, aus der Venus geboren wurde. Die Augen erscheinen als mythischer Ursprung der Liebe selbst, als Wohnsitz Cupidos, der von dort aus die Welt verwundet.

Strophe 7: Klimax: Die blauen Augen erheben sich in ein fast sakrales Licht. In den Rosen-Wangen des Geliebten/der Geliebten prangen sie wie ein himmlisches Kleid, das von Gott selbst bereitet scheint. Damit erhält das Gedicht eine theologisch sublimierte Vollendung.

Der Verlauf ist also organisch: von kosmischer Lichtmetaphorik → über erotisch-praktische Ratschläge → zur mythischen Begründung → hin zur theologisch-himmlischen Überhöhung.

Psychologische Dimension

Psychologisch zeigt sich ein Ringen mit Begehren und Sicherheit. Der Sprecher stellt sich in die Rolle des Ratgebers an Verliebte: nicht jeder Reiz ist vertrauenswürdig.

Das Schwarz symbolisiert das Fremde, Geheimnisvolle, das mit Falschheit und Verstellung assoziiert ist. Psychologisch: die Angst des Liebenden, von trügerischer Leidenschaft zerstört zu werden.

Das Blau hingegen wird mit Sanftmut, Klarheit, Ruhe und Verlässlichkeit verknüpft. Es wirkt beruhigend und stabilisierend, es führt in die Geborgenheit des Hafens.

Die Dynamik verweist auf ein tiefes psychisches Bedürfnis: nicht nur Lust, sondern Beständigkeit zu suchen; nicht dem gefährlichen Lockruf, sondern dem friedvollen Licht zu folgen.

Ethische Dimension

Ethisch artikuliert das Gedicht ein Plädoyer für Wahrhaftigkeit und Beständigkeit in der Liebe. Die Warnung vor den schwartzen Augen ist nicht nur physiognomisch gemeint, sondern moralisch: wer der Sirenen-Illusion folgt, setzt Schiff und Gut aufs Spiel – also sein Leben, seine Ehre, seine Tugend.

Die blauen Augen verkörpern dagegen Treue, Reinheit, Zuverlässigkeit. Ethisch wird der Liebende aufgefordert, nicht dem reizvollen, aber gefährlichen Schein, sondern dem guten, wahrhaften Wesen zu folgen.

Philosophisch-theologische Tiefenanalyse

1. Lichtmetaphysik: Die Opposition zwischen Mond/Stern/Diamant und Sonne/Karfunkel entspricht einer alten Hierarchie des Seins: niederes Licht ist nur Schein und Widerschein, wahres Licht ist in sich selbst. So werden schwarze Augen als reflektierte, trügerische Helligkeit, blaue Augen als sonnenhaftes, eigenständiges Licht gedeutet.

2. Kosmologischer Symbolismus: Das Gedicht greift die mittelalterlich-neuplatonische Tradition auf, nach der das Sichtbare Gleichnis des Unsichtbaren ist. Augenfarbe wird zum Hinweis auf die seelische Qualität: Schwarz als dunkle, mondhafte Spiegelung der Welt, Blau als himmlische Klarheit.

3. Mythologische Theologie: Venus’ Geburt aus dem Meer (Strophe 6) verbindet sich mit Cupido, der in den blauen Augen Wohnung nimmt. So erscheinen die Augen als locus divinus der Liebe. Das erotische Moment wird durch Mythisierung geheiligt.

4. Christliche Überhöhung: In der Schlussstrophe bereiten die Augen ein Kleid / Der Himmel. Hier tritt die christliche Transzendierung hervor: wahre Schönheit ist Gottes Gabe, und das blaue Auge wird zum transparenten Medium himmlischen Lichtes. Der Übergang von Venus/Cupido zu Christus-symbolischer Himmelsgabe ist eine gezielte Synthese barocker Theologie: der Eros wird in die göttliche Ordnung integriert.

5. Erkenntnistheorie: Indirekt wird die Frage gestellt, wie man Wahrheit erkennt: durch unmittelbares, klares Licht (Sonne, Blau), nicht durch Spiegelungen oder trügerische Glitzer (Mond, Schwarz, Diamant). Das ist eine barocke Allegorie des Verhältnisses von Wahrheit und Schein.

Moralische Dimension

Das Gedicht erfüllt auch eine moralisierende Funktion. Es wendet sich an Verliebte mit der Mahnung, rechte Wahl zu treffen: nicht jedem äußeren Reiz nachzugeben, sondern das wahre, gottgewollte Licht der blauen Augen zu suchen. Moralisch heißt das: Maß, Klugheit, Tugend und Treue sind höher als verführerische Leidenschaft.

Die Schifffahrtsmetaphorik ist dabei moralisch-didaktisch: das Leben ist eine gefährliche Fahrt; nur die richtige Orientierung (die blauen Augen als Leitstern) führt zum sicheren Hafen.

Anthroposophische Dimension

Das Gedicht deutet die blauen Augen nicht nur als Liebesmetapher, sondern als ein geistiges Lichtorgan. Sie erscheinen wie eine Inkarnation himmlischer Kräfte: im Kontrast zu den schwartzen Augen als Symbol der Nacht, der Versuchung, der sirenenhaften Verführung.

Das Blau verbindet sich mit kosmischen Bildern – Meer, Himmel, Venus, Leitstern –, und darin liegt eine anthroposophische Symbolik: das Auge wird zum Organ, das nicht bloß Wahrnehmung, sondern geistige Durchdringung ermöglicht. Die blaue Farbe steht im anthroposophischen Sinne (vgl. Rudolf Steiner) für das Seelenhafte, für Hingabe und Transzendenz, für eine Bewegung des Inneren zum Übersinnlichen.

In der Bildwelt des Gedichts sind die blauen Augen nicht nur Objekt erotischer Anziehung, sondern Vehikel der geistigen Orientierung – sie führen aus der dunklen, trügerischen Welt hinaus ins Licht.

Ästhetische Dimension

Der Text ist reich an Kontrasten: schwarz gegen blau, Nacht gegen Tag, Mond/Sterne gegen Sonne, falsche Flut gegen sanfte Wellen.

Diese Oppositionen sind ästhetisch in eine klare Farb- und Lichtrhetorik gefasst, die das Gedicht durchzieht. Die Schönheit der blauen Augen wird nicht direkt, sondern über ein Netz von Metaphern erfahrbar: Edelsteine, Gestirne, Naturphänomene, mythologische Figuren.

Besonders die Verknüpfung von Venus und Cupido, die aus der blauen See hervorgehen, ästhetisiert das Sinnliche auf mythisch-erhabene Weise. Gleichzeitig lebt der Text vom Spiel des Barock mit Antithesen: Lockung vs. Gefahr, Schein vs. Wahrheit, Schmuck vs. Scham, Schnee vs. Rosen-Wangen.

Das ästhetische Verfahren besteht darin, Schönheit als Harmonie der Gegensätze zu entfalten, wobei das Blau zur synthetisierenden Farbe wird.

Rhetorisch

Rhetorisch ist das Gedicht stark durch Fragen, Mahnungen und Exhortationen geprägt: Will noch die schwartze Nacht den Tag bestreiten?, Traut schwartzen Augen nicht….

Die direkte Anrede der Verliebten bindet den Leser in einen performativen Appell ein.

Parallelismen und Wiederholungen (z. B. Lichtfiguren, Edelsteine, Sterne) erzeugen rhythmische Verstärkung.

Allegorie und Metapher sind die tragenden Figuren: Schiffahrt, Port, Flut, Wellen, Diamant, Carfunkel, Sirenen.

Die rhetorische Strategie besteht darin, Überzeugung durch Gleichnis und Vergleich zu erreichen: das Blau wird argumentativ als Leitstern der Liebe ausgewiesen. Gleichzeitig fungiert die Antithetik (Tag/Nacht, Blau/Schwarz) als Überzeugungsinstrument, das die Wertung klar zugunsten des Blauen steuert.

Metaebene

Auf der Metaebene reflektiert das Gedicht über die Macht der Zeichen selbst.

Die Augen sind nicht nur physiologische Organe, sondern Symbole, die Sinn generieren.

Das Schwarz wird zur Chiffre für Verführung und Schein, das Blau für Wahrheit und geistige Orientierung. Der Text inszeniert also eine Lesart der Welt, in der Farbe und Blick zum Medium moralischer und ästhetischer Werte werden.

Zudem tritt das Gedicht in den Diskurs des Barock ein, in dem die Unsicherheit und Täuschbarkeit der Welt stets präsent ist – hier aber ästhetisch bewältigt, indem ein sicheres Orientierungszeichen (die blauen Augen) behauptet wird.

Damit kommentiert das Gedicht auch die barocke Lebensunsicherheit: es setzt eine Farbmetapher als ordnendes Prinzip gegen das Chaos der Welt.

Poetologische Dimension

Poetologisch spricht das Gedicht von sich selbst, insofern es Augen als poetische Bilder instrumentalisiert.

Die blauen Augen werden zu Projektionsflächen für mythologische, kosmologische und allegorische Bedeutungen.

Das Gedicht zeigt, wie Dichtung Wahrnehmung ästhetisch steigert und moralisch auslegt: Aus einem physischen Detail wird ein umfassendes Symbol, das kosmische und mythologische Ordnungen ins Spiel bringt. Damit reflektiert der Text implizit über seine eigene Aufgabe: Poesie hat die Funktion, Sinnlichkeit und Transzendenz, Schönheit und Moral, Natur und Mythos miteinander zu verschränken.

Die barocke Dichtung demonstriert hier ihr Vermögen, das Einzelne (ein Augenpaar) in eine universelle Symbolordnung einzugliedern und so selbst als Leitstern für die Deutung der Welt zu wirken.

Metaphorische Dimension

Tag und Nacht / Licht und Finsternis: Das Gedicht beginnt mit dem Widerstreit von schwartzer Nacht und Tag. Die Augenfarben werden allegorisch den kosmischen Kräften zugeordnet: Schwarz = Nacht, Blau = Himmel, Tag, Venus.

Astrologische und kosmologische Bilder: Mond, Sonne, Sterne, Diamant, Karfunkel sind Lichtquellen, die gegeneinander gestellt werden. Metaphorisch wird damit die Wertigkeit der Augenfarben gestuft: Schwarze Augen haben verführerischen Glanz, aber blauen Augen wird eine höhere, fast solare Leuchtkraft zugesprochen.

Nautische Metaphorik: Schiffahrt, Port des Glückes, Flutt, Schiff und Gutt zu Grunde sincken – das Liebesleben wird als gefährliche Seefahrt dargestellt, bei der blaue Augen als sicherer Leitstern gelten, während schwarze Augen als Sirenen Gefahr bringen.

Mythologische Bilder: Venus, Cupido, Sirenen. Blaue Augen werden in die Tradition göttlicher Liebe eingebettet: sie sind Ursprung (Venus aus dem Meer), Instrument der Liebe (Cupido sitzt in ihnen) und himmlische Manifestation.

Naturmetaphorik: Sanffte Wellen, blaue See, Rosen-Wangen – die blaue Augenfarbe verbindet sich mit Wasser, Himmel, Schnee und Blumen zu einem umfassenden Bild von Reinheit, Sanftheit, Lieblichkeit.

Assoziative Dimensionen

Religiöse Konnotationen: Das blaue Auge ist wie der Himmel, Licht, das dem Menschen Kleid bereitet (Der Himmel zubereit). Assoziationen zur göttlichen Gnade, Reinheit, Wahrheit und Erlösung.

Moralisch-ethische Dimension: Schwarze Augen erscheinen mit Verführung, Unbeständigkeit, Falschheit assoziiert – wie ein gefährliches Dunkel. Blaue Augen dagegen mit Treue, Beständigkeit, Wahrheit.

Astrologisch-esoterische Assoziation: Sterne, Planeten, Edelsteine haben symbolische Kräfte. Schwarz steht für das Irrlicht, trügerische Kräfte, Blau dagegen für das Firmament, kosmische Ordnung.

Gefühlswelt: Blaue Augen entzünden Liebe, wandeln Pein in Freude, führen aus Gefahr zum sicheren Port – sie sind Quelle der Lebensfreude. Schwarze Augen dagegen lösen Angst vor Untergang aus.

Mythisch-erotische Assoziation: Aus blauer See entsteigt Venus – damit werden die Augen als Ursprung der Schönheit selbst imaginiert. Cupido sitzt in ihnen, die Liebe wird direkt lokalisiert.

Literaturgeschichtliche Dimension

Barocke Liebeslyrik: Das Gedicht folgt der typischen Dichotomie von Schönheit, Gefahr, Eitelkeit und Vergänglichkeit. Gleichzeitig werden mythologische, kosmologische und nautische Bildfelder ineinander verwoben.

Emblematik: Das Spiel mit Allegorien (Augenfarben = kosmische Lichter; Seefahrt = Liebesleben) erinnert stark an emblematische Strukturen. Ein Bild (Auge), eine Erklärung (metaphorischer Kontext), eine Lehre (moralische Maxime).

Topos der Augenfarben: Der Diskurs über schwarze versus blaue Augen ist seit Petrarca und der Renaissance fest etabliert. Im Barock wird er mit moralisch-ästhetischem Werturteil aufgeladen: Schwarz ist gefährlich und trügerisch, Blau himmlisch und rein.

Mythologische Tradition: Rückgriff auf antike Götter (Venus, Cupido, Sirenen), aber eingebettet in eine christlich-barocke Wertordnung. So werden heidnische Figuren christlich-allegorisch überformt.

Sozialhistorisch: Blaue Augen werden als Idealbild germanischer Schönheit herausgestellt (ein ethnischer Subtext im 17. Jh.), während schwarze Augen mit Fremdheit und Gefahr verbunden sind.

Literaturwissenschaftliche Dimension

Struktur: Jede Strophe ist ein in sich geschlossener Gedanken- und Bildkreis. Das Gedicht folgt einer Steigerung: von kosmischen Gegensätzen (Strophe 1–2) über nautische Gefahr (Strophe 3–4) zu mythischer und erotischer Aufladung (Strophe 5–6), bis hin zur finalen Apotheose (Strophe 7).

Form und Klang: Der durchgängige Endreim und Binnenklang schaffen eine musikalische Bewegung, die wie ein Wogen der See wirkt. Die Wiederholung von blauen Augen als Leitmotiv verstärkt das hymnische Moment.

Topische Verankerung: Es handelt sich um ein klassisches barockes Oppositionsgedicht: Schwarz vs. Blau, Falschheit vs. Treue, Nacht vs. Tag, Verführung vs. sichere Liebe. Diese Kontraststruktur ist typisch für barocke Rhetorik.

Didaktische Funktion: Das Gedicht ist nicht nur ein Lobpreis, sondern auch eine Warnung. Es gibt klare Anweisungen (Verliebte, wollt ihr wohl…; Traut schwartzen Augen nicht…). Somit erfüllt es eine moralische-lehrhafte Funktion im Sinne der barocken Literatur.

Fazit

Das Gedicht Die blauen Augen inszeniert einen barocken Lobgesang auf die blauen Augen, die mit kosmischen, nautischen und mythologischen Metaphern verklärt werden. Sie stehen für Reinheit, Treue, göttliche Nähe und sind ein sicherer Leitstern der Liebe. Ihnen gegenüber werden schwarze Augen als gefährliche, trügerische, sirenenhafte Kräfte dargestellt, die Verführung, Unbeständigkeit und Untergang bedeuten.

Die Bildsprache schöpft aus dem gesamten barocken Repertoire: kosmische Lichter, nautische Allegorien, mythologische Bezüge, Edelsteinsymbolik und Naturbilder. So entsteht ein emblematisches Geflecht, das sowohl die ästhetische Schönheit der blauen Augen feiert als auch eine moralische Botschaft vermittelt: Nur an der wahren, reinen Liebe (verkörpert in blauen Augen) findet das Liebesleben Glück und Rettung, während trügerische Reize (schwarze Augen) ins Verderben führen.

Damit vereint das Gedicht barocke Weltdeutung (Kosmos, Mythos, Moral) mit poetischer Liebeslyrik und erweist sich als ein paradigmatisches Beispiel für die Verschmelzung von Schönheit, Lehre und Allegorie im literarischen Barock.

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