Geniezeit
Erste Weimarer Gedichtsammlung
Anekdote unsrer Tage
Ich führt einen Freund zum Maidel jung
Wollt ihm zu genießen geben
Was alles es hätt, gar Freud genung
Frisch junges warmes Leben.
Wir fanden sie sitzen an ihrem Bett
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Tät sich auf ihr Händlein stützen,
Der Herr der macht ihr ein Kompliment
Tät gegen ihr über sitzen.
Er spitzt die Nas, er sturt sie an
Betracht sie hinüber herüber,
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Und um mich war's gar bald getan
Die Sinnen gingen mir über.
Der liebe Herr für allen Dank
Führt mich drauf in eine Ecken,
Und sagt sie wär doch allzuschlank
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Und hätt auch Sommerflecken,
Da nahm ich von meinem Kind Adieu,
Und scheidend sah ich in die Höh:
Ach Herre Gott, ach Herre Gott,
Erbarm dich doch des Herren.
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Da führt ich ihn in die Galerie
Voll Menschenglut und Geistes
Mir wirds da gleich ich weiß nicht wie,
Mein ganzes Herz zerreißt es,
O Maler! Maler ruf ich laut
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Belohn dir Gott dein Malen!
Hätt ich nur jetzo meine Braut,
Wollt sie für dich bezahlen.
Und sieh da ging mein Herr herum
Und stochert sich die Zähne
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Registriert in Katalogum
Mir meine Göttersöhne
Mein Busen war so voll und bang
Von hundert Welten trächtig
Ihm war bald was zu kurz zu lang
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Wägt alles gar bedächtig.
Da warf ich in ein Eckgen mich
In süße Liebesbanden.
Um ihn versammelten Männer sich
Die ihn einen Kenner nannten.
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