Geniezeit
Erste Weimarer Gedichtsammlung
An Christel
Hab oft einen dummen düstern Sinn
Ein gar so schweres Blut,
Wenn ich bei meiner Christel bin
Ist alles wieder gut.
Ich seh sie dort, ich seh sie hier
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Und weiß nicht auf der Welt
Und wie und wo und wann sie mir
Warum sie mir gefällt.
Das schwarze Schelmenaug dadrein
Die schwarze Braue drauf,
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Seh ich ein einzigsmal hinein
Die Seele geht mir auf.
Ist eine die so lieben Mund
Liebrunde Wänglein hat?
Ach und es ist noch etwas rund
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Da sieht kein Aug sich satt.
Und wenn ich sie dann fassen darf
Im lüftgen deutschen Tanz
Das geht herum das geht so scharf
Da fühl ich mich so ganz.
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Und wenn's ihr tummlich wird und warm
Da wieg ich sie sogleich
An meiner Brust in meinem Arm
Ist mir ein Königreich.
Und wenn sie liebend nach mir blickt
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Und alles rund vergißt
Und dann an meine Brust gedrückt
Und weidlich eins geküßt
Das läuft mir durch das Rückenmark
Bis in die große Zeh
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Ich bin so schwach ich bin so stark
Mir ist so wohl, so weh!
Da mögt ich mehr und immermehr
Der Tag wird mir nicht lang,
Wenn ich die Nacht auch bei ihr wär
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Dafür wär mir nicht bang
Ich denk ich halte sie einmal
Und büße meine Lust,
Und endigt sich nicht meine Qual
Sterb ich an ihrer Brust.
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