Geniezeit
Gelegenheiten
Rheinreise
(Rheinreise)
(Aus Lavaters Tagebuch)
½ 6 uhr, ihr lieben, erwach' ich (...) Ja wahrlich, ich darf oft vor Freud' und HeimwehFurcht nicht dran denken, daß ich noch so wirklich und eigentlich ein so liebes Weibchen, und zwei so liebe Kinder — und so viele liebe liebende zu Hause habe —
»unterdes«, diktiert mir Goethe aus seinem Bett herüber »unterdes gehts immer so gerade zu in die Welt 'nein. Es schläft sich, ißt sich, trinkt sich, und liebt sich auch wohl an jedem Orte Gottes, wie am andern, folglich also
itzt schreib er weiter« — Nun ich schrieb auf ein Papier an die Wand, wo ich schlief: (Gedicht Lavaters ...)
Goethe diktiert weiter:
II. SURA
Es ist so viel Heimweh in der Welt,
Daß eins dem andern die Waage hält;
Da streckt er sich in seinem Bett,
Denkt: O daß ich mein Weibchen hätt'!
Ich kröne (gräme?) mich in meinem Sinn:5
Fort ist die gute Meyerin!
Doch hoffen wir wieder Maienfreud:
Er lehret und bekehrt die Leut'.
Ich fahr zum schönen Liesel heut.
explicit Sura
(Zusatz von fremder Hand:
Er Herr Verfasser ist noch ein wilder Vogel, den Gott ganz anders wird pfeifen lernen.)
(...)
Goethe schrieb an die Wand:
Wenn Du darnach was fragst,
Wir waren hier,
Du, der Du nach uns kommen magst,
Hab wenigstens so frisches Blut
Und sei so leidlich, fromm und gut
Und leidlich glücklich, als wie wir!
Den 18 Jul. 74 Goethe
(... Reimspiele auf dem Schiff zwischen Ems und Koblenz)
Goethe:
Wir werden nun recht gut geführt,
Weil Basedow das Ruder rührt.
(...) Herrlich altes Schloß Lahnegg herab auf die Lahne blinkend.
Goethe diktierte:
Geistes-gruss
Hoch auf dem alten Turne steht,
Des Helden edler Geist,
Der wie das Schiff vorüber geht,
Es wohl zu fahren heißt.
»Sieh diese Sehne war so stark,5
Dies Herz so fest und wild —
Die Knochen voll von Rittermark
Der Becher angefüllt —
Mein halbes Leben stürmt' ich fort
Verdehnt die Hälft' in Ruh10
Und Du, Du Menschen Schifflein dort
Fahr immer, immer zu —«
(...)
Goethe schrieb ins Kalenderlin der Fr. Hofrat Kämpf:
Sarah kocht unserm Herre Gott,
Elisabeth Götzen in der Not,
Nahmen sich ihres Hauses an
Waren Gott lieb, waren lieb dem Mann
Du sorgtest für die Freunde hier5
Drum liebes Weibchen, dank’ ich dir.
Den 18. Juli 74. Goethe auf dem Rhein am Mast geschrieben im Angesicht von Koblenz.
(...) Nach dem Essen
Aus Goethe:
Hat alles seine Zeit,
Das Nahe wird weit,
Das Warme wird kalt,
Das Junge wird alt,
Das Kalte wird warm5
Der Reiche wird arm,
Der Narre gescheut,
Alles zu seiner Zeit.
(In das Stammbuch von Georg Friedrich Schmoll)
Gelacht! Geschrieben!
Die Zeit vertrieben!
Die Zeit gehalten
Heißt wohl verwalten.
auf der Lahn ut supra
Goethe.
(Auf das Nebenblatt quer geschrieben:)
Auch was die quer
So gehts auf der Welt her
(von oben nach unten:)
Auch etwas grad wie die Allee im Bad
(und im Kreis:)
Auch etwas ringsherum geht alles um und um
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