faust-1-02-4-vorspiel auf dem theater

Vorspiel auf dem Theater. (4)

Director, Theaterdichter, lustige Person.

Director.
Besonders aber laßt genug geschehn!89
»Besonders aber«: Diese Einleitung signalisiert eine hervorhebende Wendung. Der Direktor kommt auf einen Punkt zu sprechen, der ihm besonders wichtig ist. Der Konjunktion »aber« kontrastiert möglicherweise mit zuvor genannten, eher idealistischen Vorstellungen (etwa von Dichter oder Lustige Person), und bringt nun das praktische Interesse des Theaterbetriebs ins Spiel.
»laßt genug geschehn«: Dieser Ausdruck fordert dazu auf, dass ausreichend Handlung, also sichtbare Aktivität auf der Bühne, geboten wird. Der Imperativ »laßt« richtet sich an die Mitgestalter der Inszenierung – vermutlich an das ganze Ensemble oder das Autorenteam.
Das »genug« verweist nicht nur auf Quantität, sondern auf Publikumserwartung: Das Theaterstück soll nicht abstrakt oder zu gedankenschwer sein, sondern so gestaltet, dass etwas »passiert«, damit das Publikum nicht gelangweilt ist.
Hier tritt ein pragmatischer Theateransatz zutage, der Unterhaltung und Aktion betont – ein typischer Zug des »Direktors« in diesem Vorspiel.

Man kommt zu schaun, man will am liebsten sehn.90
»Man kommt zu schaun«: Die allgemeine Formulierung (»man«) spricht vom typischen Theaterbesucher. Das Verb »schaun« weist auf den visuellen Reiz des Theaters hin: Menschen gehen ins Theater, um etwas zu sehen, nicht bloß zu hören oder zu denken.
»man will am liebsten sehn«: Die Steigerung »am liebsten« verstärkt noch den vorangegangenen Gedanken. Es geht dem Publikum vor allem um das Sichtbare, um anschauliche Bilder, Szenen, Bewegungen – nicht bloß um tiefgründige Ideen oder poetische Sprache.
Der Reim »schaun« – »sehn« wirkt stilistisch schlicht und fast redundant, was möglicherweise die Einseitigkeit des Publikumswunsches betont: sehen, sehen, sehen.
Der Vers bringt damit eine Kritik am Theaterpublikum, aber auch eine Erinnerung an die Realität der Theaterkunst: Wer auf der Bühne Wirkung erzielen will, darf nicht nur an Geistiges oder Tiefgründiges denken – er muss sich auch der Erwartung stellen, unterhaltsam, sichtbar, lebendig zu sein.
Zusammenschau der Verse 89 und 90
Diese beiden Verse spiegeln den zentralen Konflikt wider: Zwischen idealistischer Kunstauffassung (verkörpert z. B. vom Dichter) und den kommerziellen, publikumsorientierten Forderungen des Direktors. Letzterer fordert konkrete, handlungsreiche, visuell greifbare Szenen – Kunst als Spektakel. Die Sprache des Direktors ist dabei knapp, fordernd und auf Wirkung bedacht, was seine Funktion als Theaterpraktiker unterstreicht.

Wird vieles vor den Augen abgesponnen,91
»Wird vieles … abgesponnen«: Das Bild des Abspinnens stammt aus dem Bereich der Weberei oder des Märchenerzählens (z. B. bei den Nornen oder den Parzen), meint hier aber konkret das Ausrollen oder Entwickeln einer Handlung auf der Bühne. Es steht für die dramatische Handlung, die entfaltet wird – Szene für Szene, wie ein Faden.
»vor den Augen«: Das Publikum ist die Zielgruppe dieser Entfaltung; alles geschieht sichtbar, direkt für das Auge der Zuschauer.
Der Direktor denkt in Effekten und sinnlich erfassbaren Vorgängen. Die Kunst soll etwas zeigen, nicht bloß sagen. Es geht um das sichtbare Geschehen, nicht um philosophische Tiefe.

So daß die Menge staunend gaffen kann,92
»die Menge«: Gemeint ist das breite Publikum, das Theater besucht – nicht gebildete Kenner, sondern das »Volk«.
»staunend gaffen«: Hier liegt eine subtile Kritik: Staunen ist ein ursprünglicher, vielleicht ehrlicher Affekt; gaffen jedoch ist ein eher abwertender Begriff. Er deutet auf ein oberflächliches Schauen, sensationslüstern und geistlos.
»kann«: Es geht nicht um ästhetische oder moralische Bildung, sondern um Unterhaltung, die so gestaltet ist, dass die Zuschauer »können«, d. h. mühelos staunen und gaffen können.
Zusammenschau der Verse 91 und 92
Der Direktor formuliert ein funktionales Theaterverständnis: Die Bühne ist ein Ort, an dem Dinge vor den Augen abgesponnen werden – sichtbar, handlungsreich, wirkungsvoll –, damit das Publikum, das »staunend gaffen« will, zufrieden ist. Es geht ihm um äußere Wirkung, nicht um geistigen Anspruch. Damit bringt er das Spannungsfeld des ganzen Dramas auf den Punkt: Kunst zwischen Unterhaltung, Tiefe und Wirkung.

Da habt ihr in der Breite gleich gewonnen,93
»Da habt ihr«: Der Direktor spricht hier vermutlich den Lustigen Person oder den Theaterdichter an (je nach Kontext der vorangehenden Redezüge). Es ist eine direkte, fast kumpelhafte Ansprache.
»in der Breite«: Dies verweist auf das breite Publikum, also die Masse, nicht auf Tiefgang oder Qualität. Es ist ein Schlüsselwort, das auf die populäre Wirkung abzielt.
»gleich gewonnen«: Sofortiger Erfolg – das heißt, ohne größere Anstrengung oder tiefere Auseinandersetzung. Die Formulierung lässt auch einen gewissen Zynismus des Direktors durchscheinen: Es kommt offenbar mehr auf Wirkung als auf künstlerische Tiefe an.
Der Direktor bezieht sich auf das Bedürfnis des Theaters, populär zu sein, »die Breite« des Publikums zu erreichen. Der Vers unterstreicht die Spannung zwischen Kunstanspruch und Massengeschmack – ein zentrales Thema des gesamten Vorspiels.

Ihr seyd ein vielgeliebter Mann.94
»Ihr seyd«: Die höflich-distanzierende Anredeform (»Ihr«) markiert formelle Anerkennung, klingt aber gleichzeitig etwas ironisch.
»ein vielgeliebter Mann«: Dies klingt wie ein Lob, betont aber wieder nicht die Qualität der Werke, sondern die Beliebtheit der Person beim Publikum. Es geht also um Prestige, nicht um Substanz.
Der Direktor bringt hier seine Zufriedenheit mit dem Adressaten zum Ausdruck, allerdings aus einem kommerziellen Blickwinkel: Wer beliebt ist, bringt Publikum – und damit Einnahmen. Dass er diese Beliebtheit hervorhebt, offenbart seinen Blick auf das Theater als Geschäft.
Zusammenschau der Verse 93 und 94
Diese beiden Zeilen enthüllen mit subtiler Ironie, wie sehr im Theaterbetrieb Erfolg über Tiefe gestellt wird. Der Direktor denkt nicht in Kategorien wie »Wahrheit«, »Kunst« oder »Erkenntnis«, sondern in Publikumsgunst und Unterhaltung. Goethes Inszenierung des Vorspiels als Dialog zwischen Direktor, Dichter und Lustigem Person dient gerade dazu, diese Spannungsfelder offenzulegen: Kunst vs. Kommerz, Ernst vs. Unterhaltung, Tiefe vs. Breite.

Die Masse könnt ihr nur durch Masse zwingen,95
Dieser Vers wird vom Direktor gesprochen und ist inhaltlich wie rhetorisch vielschichtig.
»Die Masse« bezeichnet hier das breite Theaterpublikum – die anonyme, oft als anspruchslos oder triebgesteuert dargestellte Menge.
»durch Masse zwingen« meint zum einen, dass man sie nur durch ein »massives« Angebot – also durch Opulenz, Fülle, Effekt, Sensation – in den Bann schlagen kann.
Es liegt ein Wortspiel vor: Masse durch Masse – die Menge durch Überwältigung (mit Masse = Spektakel, Inhalt, Reizen) gewinnen.
Es schwingt eine gewisse kulturkritische oder pragmatische Haltung mit: Nicht durch Tiefgang oder Kunstwillen überzeugt man die Zuschauer, sondern durch schiere Fülle und Wirkung.
Insgesamt zeigt dieser Vers die nüchtern-kalkulierende Sicht des Direktors auf das Theater: Kunst muss gefällig, überwältigend, konsumierbar sein – nicht unbedingt tiefsinnig.

Ein jeder sucht sich endlich selbst was aus.96
Hier wird der Gedanke des vorherigen Verses weitergeführt, aber differenziert.
Der Direktor anerkennt, dass jeder Einzelne im Publikum etwas Eigenes aus dem Stück ziehen wird.
»sucht sich ... selbst was aus« bedeutet: Das Publikum rezipiert selektiv. Was für den einen spektakulär ist, berührt den anderen emotional oder regt ihn zum Denken an.
Der Satz spiegelt ein modernes, fast postmodernes Verständnis von Rezeption: Bedeutung entsteht beim Zuschauer.
Zugleich klingt auch ein resignierter oder pragmatischer Ton an: Man kann ohnehin nicht alle kontrollieren oder gleich erreichen – also lieber breit ansetzen.
Zusammenschau der Verse 95 und 96
Der Direktor beschreibt ein Spannungsverhältnis zwischen kollektiver Wirkung (die »Masse« mit Masse zwingen) und individueller Rezeption (jeder sucht sich selbst etwas aus). Dies verweist auf ein zentrales Problem des Theaters (und der Kunst allgemein): Soll es gefallen oder fordern? Breitenwirkung oder Individualität?
Diese Reflexion steht exemplarisch für das »Vorspiel auf dem Theater«: eine metatheatrale Diskussion über den Zweck, die Wirkung und die Möglichkeiten der Kunst.

Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen;97
Dieser Vers enthält ein zentrales poetologisches Statement des Direktors über die Funktion und Zielrichtung des Theaters. Die Aussage zielt auf eine pragmatische Auffassung von Kunst: Wer ein breites Angebot liefert (»vieles bringt«), kann den unterschiedlichen Geschmäckern des Publikums gerecht werden (»wird manchem etwas bringen«).
Hier zeigt sich der kommerzielle und kompromissbereite Zugang des Direktors zum Theater: Es geht nicht um ästhetische oder moralische Reinheit, sondern um Wirkung, Vielfalt und Zugänglichkeit. Der Vers spielt auch mit der Alliteration von »vieles« und »bringen«, was rhythmisch eine gewisse Betriebsamkeit und Vielfalt suggeriert.
Inhaltlich spiegelt sich hier das Spannungsfeld zwischen Kunstanspruch und Unterhaltung, zwischen Tiefe und Breite – ein Grundthema des Faust und insbesondere dieses Vorspiels.

Und jeder geht zufrieden aus dem Haus.98
Diese Fortsetzung betont das Ziel des Direktors: die Zufriedenheit des Publikums. Das »Haus« meint hier das Theaterhaus. Es geht darum, dass alle Besucher – trotz ihrer Unterschiedlichkeit – etwas finden sollen, das ihnen gefällt.
Die Formulierung ist bewusst schlicht gehalten, fast sprichwörtlich, und unterstreicht die volkstümliche, allgemeine Wirkung, die der Direktor anstrebt.
Künstlerischer Tiefgang oder avantgardistisches Experimentieren sind ihm zweitrangig; vorrangig ist die Publikumswirksamkeit.
In gewisser Weise offenbart sich hier eine Ökonomie der Kunst: Der Applaus ersetzt das Urteil, der Markterfolg legitimiert das Werk.
Zusammenschau der Verse 97 und 98
Die beiden Verse geben die programmatische Haltung des Direktors wieder: Kunst soll nicht polarisieren, sondern möglichst viele Geschmäcker bedienen, um das Theater als Ort populärer Unterhaltung zu erhalten. Diese Haltung steht im Kontrast zu der des Dichters im Vorspiel, der nach innerer Wahrheit und ästhetischer Vollendung strebt – ein Konflikt, der das Verhältnis zwischen Kunst, Publikum und Wahrheit in Goethes Werk tief prägt.

Gebt ihr ein Stück, so gebt es gleich in Stücken!99
Wortspiel mit »Stück« und »Stücken«:
Das Wort »Stück« bedeutet im Theaterkontext ein Drama oder Schauspiel. Die Wiederholung im Plural »Stücken« verwandelt es in eine kulinarische oder bruchstückhafte Bedeutung. Der Direktor fordert also kein geschlossenes, kunstvolles Ganzes, sondern etwas Zerteiltes, Unterhaltsames – eine Revue von Szenen, nicht ein tiefschürfendes, einheitliches Werk.
Poetische Ironie: Goethe legt dem Direktor hier eine Ästhetik des Spektakels in den Mund: das Publikum solle sofort und häppchenweise unterhalten werden. Das spricht gegen klassische dramatische Einheit (Aristoteles) und für ein »buntes Allerlei«.
Versteckter Zeitkommentar: Es ist auch eine Kritik an den damaligen Publikumserwartungen. Man wollte Sensationen, keine idealistische Tiefe. Das »Stück in Stücken« spiegelt den Zerfall künstlerischer Einheit im modernen Theater.

Solch ein Ragout, es muß euch glücken;100
Metapher aus der Küche: »Ragout« ist ein Eintopf aus vielen verschiedenen Zutaten – erneut eine Metapher für ein bunt gemischtes Theaterstück, das viele Elemente vermengt (Komik, Tragik, Gefühl, Aktion). Der Direktor fordert ein Mischgericht der Genres, das dem Geschmack der Masse entspricht.
Imperativ der Unterhaltung: »es muß euch glücken« – der Erfolg des Theaters wird nicht an ästhetischer Tiefe, sondern an Publikumswirkung gemessen. Das Theater ist nicht primär ein Ort der Wahrheitssuche, sondern des gelungenen Effekts.
Pragmatische Poetik: Im Gegensatz zum idealistischen Dichter und dem phantasievollen Lustigen Personifiziert der Direktor hier die marktwirtschaftliche Dimension des Theaters. Seine Ästhetik ist konsumorientiert.
Zusammenschau der Verse 99 und 100
Diese beiden Verse enthalten eine dichte Kritik an der Oberflächlichkeit bürgerlicher Unterhaltungskultur. Goethe spielt mit der Spannung zwischen Kunstanspruch und Marktorientierung – eine zentrale Thematik auch im weiteren Verlauf von Faust I. Der Direktor steht für ein Theater, das nicht bildet oder erzieht, sondern zerlegt, unterhält und verkauft.

Leicht ist es vorgelegt, so leicht als ausgedacht.101
Der Direktor beschreibt hier die scheinbare Einfachheit der Konzeption eines Theaterstücks: Es sei »leicht« zu entwerfen (»vorgelegt«) und ebenso »leicht« zu ersinnen (»ausgedacht«). Der Gleichklang (»leicht … leicht«) betont die Oberflächlichkeit dieser Leichtigkeit.
Doch bereits in der Formulierung schwingt eine gewisse Skepsis oder Ironie mit: Was auf den ersten Blick einfach erscheint, ist in der Praxis keineswegs trivial – eine erste Andeutung der bevorstehenden Spannungen zwischen Idee und Umsetzung, Anspruch und Publikumsgeschmack.

Was hilft’s wenn ihr ein Ganzes dargebracht,102
Hier stellt der Direktor eine rhetorische Frage, die den Wert einer in sich geschlossenen, kunstvollen Gesamtkomposition infrage stellt. Selbst wenn ein Werk vollendet und formal stimmig ist (»ein Ganzes«), bleibt seine Wirkung ungewiss. Das »ihr« spricht die Künstler oder Dichter an – vermutlich den Dichter im Stück selbst.
Das Wort »dargebracht« hat einen kultischen Klang (Opfer darbringen), was die Schöpfung des Kunstwerks als einen beinahe heiligen Akt erscheinen lässt – der jedoch möglicherweise ins Leere geht.

Das Publikum wird es euch doch zerpflücken.103
Die bitter-realistische Antwort auf die rhetorische Frage: Das Publikum, so der Direktor, wird das Werk ohnehin »zerpflücken«, also kritisieren, auseinandernehmen, entstellen oder missverstehen. Das Verb »zerpflücken« ist drastisch und desillusionierend – es impliziert nicht nur Kritik, sondern eine regelrechte Zerstörung der Einheit und Schönheit des Kunstwerks durch die Rezeption.
Dahinter steht ein tiefes Misstrauen gegenüber dem Urteil der Masse und die resignierte Einsicht in die Unvermeidbarkeit des Missverstehens, sobald ein Werk öffentlich wird.
Zusammenschau der Verse 101, 102 und 103
In diesen drei Versen zeigt Goethe durch die Figur des Direktors eine pragmatische, ja zynische Sicht auf Theaterkunst: Gute Absichten, künstlerische Einheit und gedankliche Tiefe sind wenig wert, wenn das Publikum diese nicht anerkennt. Das Spannungsverhältnis zwischen künstlerischem Anspruch und massenwirksamer Unterhaltung wird hier früh und zugespitzt thematisiert.

Dichter.
Ihr fühlet nicht wie schlecht ein solches Handwerk sey!104
Der Dichter klagt hier an, dass die anderen (wahrscheinlich Direktor und Lustige Person) nicht nachvollziehen können, wie erniedrigend und entwürdigend das Theatergeschäft (»ein solches Handwerk«) für einen echten Künstler sein kann. Das Wort »Handwerk« steht in Gegensatz zur Kunst – es suggeriert etwas Routinemäßiges, Mechanisches, ohne Geist oder Inspiration. Die Betonung liegt auf »fühlet«: nicht rationales Verstehen, sondern sinnliches, seelisches Empfinden wird vermisst.

Wie wenig das den ächten Künstler zieme!105
Er führt weiter aus, dass solche Tätigkeit dem »ächten Künstler« (also einem wahren, idealistisch gesinnten Dichter) nicht ansteht, nicht angemessen ist. »Ziemen« bedeutet hier: sich gehören, würdig sein. Der Vers ist Ausdruck einer klassischen künstlerischen Ethik, die sich dem Schönen, Wahren und Erhabenen verpflichtet fühlt – im Gegensatz zur Gefälligkeit oder zum bloßen Amüsement.

Der saubern Herren Pfuscherey106
»Sauber« ist hier sarkastisch gemeint: Die »Herren« (wohl Direktor und Komödiant) betreiben eine »Pfuscherei«, also eine oberflächliche, unsaubere, unprofessionelle Arbeit, die dem Wesen echter Kunst widerspricht. Durch die ironische Formulierung »saubern Herren« bringt der Dichter seine Verachtung zum Ausdruck. Das Wort »Pfuscherey« ist besonders scharf: Es verweist auf ein unqualifiziertes, störendes Hineinmischen ins Metier des Künstlers.

Ist, merk’ ich, schon bey euch Maxime.107
Die Kritik schließt mit einer bitteren Feststellung: Diese Pfuscherei ist nicht nur geduldet, sondern bereits zur Maxime, zur Regel und Richtschnur ihres Handelns geworden. Der Dichter erkennt, dass das Streben nach künstlerischer Reinheit im Ensemble keine Priorität hat – man hat sich mit Mittelmaß, Effekthascherei und Zuschauerorientierung abgefunden.
Zusammenschau der Verse 104 bis 107
Diese vier Verse sind ein leidenschaftlicher, fast resignativer Protest des Dichters gegen den künstlerischen Ausverkauf. Er verteidigt eine idealistische Kunstauffassung gegen ein pragmatisches, publikumswirksames Theaterverständnis. Der Konflikt zwischen künstlerischem Anspruch und ökonomisch-kommerziellem Druck ist hier auf den Punkt gebracht – ein zentrales Thema des gesamten Faust-Dramas.

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