Karawane

Hugo Ball

Karawane

jolifanto bambia o falli bambla
großgiga m'pfa habla horem
egiga goramen
higo bloiko russula huju
hollaka hollala
anlogo bung
blago bung blago bung
bosso fataka
ü üü ü
schampa wulla wussa olobo
hej tatta gorem
eschige zunbada
wulubu ssubudu uluwu ssubudu
tumba ba-umf
kusa gauma
ba – umf

Analyse

• Hugo Balls Lautgedicht »Karawane« ist eines der paradigmatischen Werke des Dadaismus. Es stellt die Sprache als Trägerin rationaler Bedeutung radikal infrage.
• »Karawane« ist kein »Nonsensgedicht« im simplen Sinn, sondern ein radikaler poetischer Neuanfang. Es negiert konventionelle Sprache, um die Grenzen des Sagbaren zu verschieben. Theologisch gesprochen handelt es sich um eine Sprache des Schweigens, eine babylonische Rückverwandlung, eine performative Mystik. Philosophisch steht es in der Nähe zu Nietzsche, zur Sprachkritik Wittgensteins – und zur Sprachzertrümmerung als geistigem Überleben im Angesicht des Kriegs.
• Es ist ein Schlüsselwerk des literarischen Dadaismus und eine Provokation gegen konventionelle Sprache, Semantik und Literaturtraditionen. Die scheinbar sinnlosen Lautfolgen fordern jegliches Erwartungsschema heraus – doch gerade in dieser radikalen Abkehr von herkömmlicher Bedeutung entfaltet das Gedicht seine tiefere Bedeutungsschicht.
• Karawane steht somit exemplarisch für das dadaistische Projekt: Die radikale Infragestellung aller symbolischen Systeme zugunsten eines poetischen Zustands jenseits der »vernünftigen« Welt. Der Text wird nicht interpretiert, sondern erlebt – wie ein Schrei, ein Tanz, ein Befreiungsschlag.
• Ein dichterisches Manifest des Dadaismus, 1916 im Cabaret Voltaire uraufgeführt, stellt Karawane das vielleicht bekannteste Lautgedicht Hugo Balls dar. Es ist vollständig aus Nonsens-Wörtern aufgebaut – eine scheinbare Kakophonie, die in Wahrheit ein präziser Akt künstlerischer Revolte und spiritueller Suche ist.

Inhaltliche Analyse und Gliederung

Obwohl »Karawane« auf den ersten Blick keiner herkömmlichen Semantik folgt, lässt sich eine gewisse Gliederung erkennen:
1. Einleitung (Vers 1–2)
»jolifanto bambia o falli bambla / großgiga m'pfa habla horem«
Der Klang eröffnet eine phonetische Welt, die an Exotik, Fremdartigkeit und Bewegung denken lässt – wie ein Aufbruch oder ein Marschieren. Der Begriff »großgiga« evoziert Größe, etwas Monumentales.
2. Aufbruch der »Karawane« (Vers 3–6)
»egiga goramen / higo bloiko russula huju / hollaka hollala / anlogo bung«
In dieser Passage steigert sich das Klangbild. Die Silben evozieren Bewegung, Vielfalt und eine Art rhythmische Ordnung. Die Laute wirken wie das Stampfen von Tieren oder Trommeln – passend zum Bild einer Karawane.
3. Refrainartige Klangreihung (Vers 7–10)
»blago bung blago bung / bosso fataka / ü üü ü / schampa wulla wussa olobo«
Hier beginnt eine Art rhythmisch-musikalischer Refrain. Die Wiederholung von »blago bung« verstärkt die klangliche Struktur. Die Vokallaute »ü üü ü« erinnern an Gesang oder das Rufen einer Gruppe.
4. Ekstatischer Höhepunkt (Vers 11–14)
»hej tatta gorem / eschige zunbada / wulubu ssubudu uluwu ssubudu«
Der Rhythmus intensiviert sich, die Wörter wirken wie ein ekstatischer Tanz. Lautmalerei wird zur treibenden Kraft. Die Wiederholung in »ssubudu« deutet auf tranceartige Zustände.
5. Schlussklang (Vers 15–16)
»tumba ba-umf / kusa gauma / ba – umf«
Diese letzten Zeilen beenden das Gedicht mit dumpfen, finalen Lauten. »Tumba« und »ba-umf« wirken wie das Absinken oder Versinken, vielleicht das Ende der Reise oder ein Auslöschen ins Unbestimmte.

Philosophisch-theologische Deutung

• »Karawane« steht im Kontext einer Zeit (1916), die durch den Ersten Weltkrieg, durch Zerfall gesellschaftlicher Ordnungen und durch eine tiefgreifende Sinnkrise geprägt ist. Ball antwortet mit einer »reinen Sprache«, die bewusst keinen Bedeutungsanspruch stellt – ein Akt der Befreiung.
• Theologisch betrachtet kann man »Karawane« als Versuch lesen, zur Ursprache zurückzukehren – zu einem prä-babylonischen Zustand. Das Sprachchaos des Turmbaus zu Babel (Gen 11) hatte die Verständigung unter den Menschen zerstört. Ball kehrt diese Erfahrung um: Er sucht in der Lautsprache eine neue Form der Transzendenz, jenseits von Logik und Dogma. In seinem Manifest schreibt er:
»Ich will keinen Ton sprechen, den man schon aus mir herausgehört hat.«
• Damit wird das Gedicht zu einem rituellen Akt, zu einer Art liturgischem Antidiskurs – wie ein Gebet aus der Tiefe der Sprachlosigkeit.
• Ball war stark von der christlichen Mystik beeinflusst. Man könnte »Karawane« als Ausdruck einer negativen Theologie verstehen: Die wahre Rede über das Göttliche ist das Verstummen, das Undarstellbare – und genau das geschieht hier auf poetisch-radikaler Ebene.

Strukturelle Mittel und Rhetorik

Trotz des Fehlens logischer Syntax und semantischer Bezüge arbeitet das Gedicht mit einer hochgradig strukturierten Form:
Klangstruktur:
Die Laute wirken nicht willkürlich. Ball setzt gezielt auf Alliteration (z. B. blago bung), Assonanz (horem / goramen) und Rhythmus. Der Klang ist hier die Botschaft.
Wiederholungen und Refrains:
Die Wiederholung bestimmter Silben (blago bung, ssubudu) erzeugt eine musikalische Ordnung, die fast tribal wirkt. Diese repetitive Struktur erinnert an liturgische Elemente, wie in Gebetsformeln oder Mantras.
Phonetische Dichte und Vokalspiel:
Die starke Variation von Vokalen (von »a« über »ü« bis zu »o«) erzeugt eine emotionale Dynamik: vom hellen, offenen Klang zum dumpfen, dunklen Abschluss. Das Gedicht atmet – fast wie ein Lebewesen.
Mündlichkeit und Performanz:
Ball trug das Gedicht im Dada-Kostüm (Kubusanzug) vor. Die orale Dimension ist zentral – das Werk lebt durch seine Aufführung, nicht durch stilles Lesen. Es ist ein Akt, ein Klangritual.
Verweigerung rhetorischer Konventionen:
Kein Argument, keine Metapher im klassischen Sinn – aber gerade dadurch entsteht eine neue Form der Rhetorik: Anti-Rhetorik als Widerstand gegen jede ideologische Vereinnahmung.

Sprache und Stilmittel

Die Sprache von Karawane ist vollständig künstlich: Sie besteht aus reinen Lautwörtern, Neologismen, onomatopoetischen Elementen und pseudo-linguistischen Strukturen, ohne lexikalischen Bezug zu einer existierenden Sprache. Ball selbst sprach von »Versen ohne Worte«, mit denen er die »Befreiung der Sprache« beabsichtigte.
Stilistisch relevant sind:
Alliteration: etwa in »blago bung blago bung«, »wulubu ssubudu uluwu ssubudu« – durch die Wiederholung von Konsonanten entstehen rhythmische Klangketten.
Anapher und Repetition: Wiederholungen wie »ba-umf / ba – umf« erzeugen ein Gefühl von Ritual, Beschwörung, oder Trance.
Lautmalerei (Onomatopoesie): »tumba«, »ba-umf«, »ssubudu« evozieren Geräusche, z. B. Trommeln, Stürze, rhythmisches Stampfen.
Vokalspiel: Das häufige Spiel mit dem Laut »u« (»ü üü ü«, »uluwu«, »ssubudu«) erzeugt einen dunklen, geheimnisvollen Klangraum.
Klangassoziation: Die Wörter erinnern unweigerlich an afrikanische, asiatische oder indigene Sprachen – ein bewusster Kunstgriff Balls, um eine »ursprüngliche« Sprache jenseits der abendländischen Rationalität zu evozieren.
Der Text ist also poetischer Klangraum, kein Träger semantischer Information im traditionellen Sinne.

Gattungs- und Stilkontext

Karawane ist ein Paradebeispiel dadaistischer Lautpoesie, wie sie im Zürcher Cabaret Voltaire entstand. Es steht in expliziter Abkehr zu allen literarischen Konventionen:
Antibürgerlich: Der Text rebelliert gegen die »vernünftige«, »nützliche« Sprache, die – so Ball – mitverantwortlich sei für den geistigen Verfall Europas und den Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
Antiliterarisch: Die Abkehr von Sinn, Grammatik und Syntax stellt eine radikale Kritik an den traditionellen Formen der Dichtung dar.
Performativität: Das Gedicht ist für die Bühne konzipiert, für Balls ekstatisch-maskierte Rezitationen, bei denen er selbst in kostümierter Trance agierte – es ist also keine Literatur im üblichen Sinn, sondern ein rituelles Sprachereignis.
Einbettung in die Dada-Bewegung: Die Dadaisten sahen im Unsinn eine Waffe gegen Logik, Nationalismus und die Zerstörungskraft der Zivilisation. Die Poesie sollte sinn-entleert sein, um gegen das Sinnlose des Krieges anzukämpfen.
Ball stellt mit diesem Gedicht die Frage nach dem Wesen der Sprache selbst: Ist Sprache nur ein Vehikel zur Informationsübertragung – oder ein autonomes System mit eigener Magie?

Semantische Analyse

Obwohl Karawane keine konventionelle Bedeutung transportiert, ist es nicht bedeutungslos. Seine Bedeutung liegt meta-semantisch, also jenseits der lexikalischen Ebene:
1. Metapher einer Wanderung
Bereits der Titel »Karawane« suggeriert Bewegung, Wanderschaft, Exotik – und ein gemeinschaftliches Unterwegssein. Das Gedicht selbst wirkt wie eine solche Karawane, die von Laut zu Laut zieht, von Rhythmus zu Rhythmus. Der Leser wird Teil eines klanglichen Nomadentums.
2. Archaische Sprachsimulation
Das Gedicht imitiert vorsprachliche oder magisch-kultische Sprachakte. Es hat rituellen Charakter, erinnert an Beschwörungen, Gebetsformeln oder Sprechgesänge indigener Kulturen. So wird Sprache als magischer Akt erfahrbar gemacht – jenseits der Logik, aber nicht jenseits des Ausdrucks.
3. Zertrümmerung des Logos
Ball greift den antiken Begriff des logos (Sprache = Ratio, Weltordnung) frontal an. Karawane verweigert sich vollständig dem logozentrischen Denken der abendländischen Philosophie. Es ist ein poetischer Nihilismus – oder eine sprachliche Auferstehung aus den Trümmern des Bedeutungszerfalls.
4. Körperlichkeit und Affekt
Die Worte fordern nicht nur das Ohr, sondern auch den Körper des Sprechenden: Viele Silben verlangen Mundstellungen, Atemtechniken, Lautbildungen, die ungewöhnlich oder anstrengend sind. Die Sprache wird leiblich erfahrbar, nicht nur mental.
5. Evokation des Unbewussten
Da die Worte keine referentielle Bedeutung haben, zwingen sie das Bewusstsein dazu, assoziativ, instinktiv oder unbewusst zu reagieren. Der Hörer ist nicht Interpret, sondern Resonanzkörper. Das Gedicht ist ein Traum aus Lauten, der auf einer prälogischen Ebene wirkt – vergleichbar mit Musik oder Glossolalie.

Deutung und Bedeutung

• Karawane ist keine Abkehr von Poesie, sondern eine radikale Neudefinition. Hugo Ball geht es um die Rückgewinnung der Sprache vor ihrer Korruption durch Ideologie, Nationalismus, Bürokratie, Krieg und Werbung. Die Worte sollen wieder geheimnisvoll, zauberhaft, rein sein – nicht funktional, sondern ekstatisch.
• In dieser Hinsicht ist Karawane sowohl Apokalypse der alten Sprache als auch Genesis einer neuen. Es zeugt von einer Mystik des Unaussprechlichen – und ist damit näher bei Rilkes Engel, bei Ekstasen eines Johannes vom Kreuz oder bei der Glossolalie charismatischer Bewegungen, als es auf den ersten Blick scheint.
• Es ist die Rückkehr zur ursprünglichen Sprachmacht, die nicht erklärt, sondern beschwört.

Psychologische Dimension

Die Wortfolge in Karawane evoziert eine Rückkehr in einen vormodernen, vorsprachlichen Zustand. Der Mensch, entwurzelt durch den Ersten Weltkrieg und die Desintegration traditioneller Ordnungen, verliert die Sprache als Träger von Sinn und Identität. Balls Neologismen sind keine Überreste verlorener Bedeutung, sondern der Versuch einer sprachlichen »Neuschöpfung«, die aus dem Unbewussten gespeist wird. Die Lautfolgen wie »jolifanto bambla« oder »blago bung« wirken kindlich, tranceartig oder ritualistisch. Sie erinnern an Glossolalie (Zungenrede) oder frühkindliches Lallen. Das Gedicht kann so als psychodramatischer Akt verstanden werden: Ball bringt das Sprachzerbrechen der Epoche zum Ausdruck, lässt aber gleichzeitig ein neues, unberührtes Sprechen anklingen – archaisch, rein, ekstatisch.

Literarische Topoi

Trotz der scheinbaren Sinnfreiheit lässt sich Karawane als Reaktion auf klassische literarische Topoi lesen – etwa den Exil-Topos oder das Bild der Reise: Der Titel selbst (»Karawane«) ruft Vorstellungen von Nomadentum, Fremdheit, Wüste, Orientierungslosigkeit und Transzendenz wach. Dies ist keine konkrete Karawane durch geografische Räume, sondern eine durch das Sprachbewusstsein. Wie Odysseus oder Dante durchquert der Sprecher innere Landschaften. Die Bewegung des Gedichts – rhythmisch, repetitiv, steigernd – gleicht einem rituellen Zug, einem Pilgerpfad ohne Ziel. Die Karawane wird zur Chiffre einer metaphysischen Suche jenseits rationaler Ordnung.

Symbole und Motive

Auch ohne semantische Referenz lassen sich symbolhafte Klanggesten ausmachen. Die Alliterationen (»blago bung blago bung«), Wiederholungen (»ssubudu uluwu ssubudu«) und onomatopoetischen Elemente (»ba–umf«) erzeugen ein Klangbild, das animalisch, maschinell oder tribal wirkt. Dies verweist auf zentrale Dada-Motive:
Anti-Zivilisationsgeste: Die Auflösung von Sinn ist eine Kritik an der Sprache der Macht, der Logik des Krieges, der politischen und medialen Rhetorik. In der Zerstörung liegt ein anarchisches Moment der Befreiung.
Ritual und Ekstase: Die rhythmische Struktur und das Formlose des Textes ahmen religiöse Ekstase nach. Wie in antiken Mysterienkulten oder schamanistischen Ritualen wird durch Laut und Bewegung eine spirituelle Erfahrung evoziert.
Maschine und Körper: Manche Lautgruppen klingen mechanisch (»bosso fataka«), andere körperlich oder organisch (»tumba ba-umf«, »schampa wulla wussa«). Der Text oszilliert zwischen Körperlichkeit und Künstlichkeit – ein zentrales Motiv der Moderne.

Historisch-kultureller Kontext

• Karawane entstand inmitten der Urkatastrophe Europas: dem Ersten Weltkrieg. Hugo Ball, Mitbegründer des Zürcher Dadaismus, lebte zu dieser Zeit im Exil in der neutralen Schweiz. Der Dadaismus entstand als Reaktion auf das als sinnlos empfundene Massenschlachten des Krieges und die implodierte bürgerlich-rationale Kultur, die ihn ermöglicht hatte.
• Ball und seine Mitstreiter versuchten, durch die Dekonstruktion von Sprache, Logik und Kunstformen gegen den »gesunden Menschenverstand« zu revoltieren, der sich als mörderisch erwiesen hatte. Lautpoesie war für Ball eine Form des sprachlichen Neubeginns – ein Rückzug auf die Ursprünge des Ausdrucks jenseits instrumentalisierter Sprache.
• Das Gedicht wurde nicht gelesen, sondern intoniert, performt, beschworen, oft in zeremonieller Kleidung (Ball trat z. B. in einem »Zauberpriesterkostüm« auf). Diese Rückkehr zur Ursprünglichkeit war zugleich ein Schritt nach vorn: eine Suche nach einer neuen poetischen Sprache, die die Zerstörung der alten Welt nicht verleugnet, sondern durchdringt.

Lexikalik und Wortfelder

Das Lexikon von Karawane ist erfunden – doch es wirkt nicht beliebig. Lautmalerisch ruft es eine Vielzahl von Assoziationen hervor:
Exotik und Nomadismus: Karawane selbst ist ein reales Wort und verweist auf Bewegung, Wüste, Transiträume. Auch bambia, tumba, gauma wecken Vorstellungen afrikanischer, arabischer oder südostasiatischer Klangräume – ohne reale Bezüge zu benennen. Die Sprache spielt mit kolonialen Phantasmen, um sie zu entlarven.
Tierlaute und Naturklänge: wulubu ssubudu uluwu – ein Rhythmus wie tierische Laute, Wind, Trommeln, Urklang. Das wiederholte blago bung, bosso fataka wirkt wie rituelles Trommeln.
Onomatopoetische Vibrationen: ü üü ü – das reine Lauterlebnis. Vokale als Atembewegung. Sprachklang wird zur physisch empfundenen Materialität.
Zersplitterte Syntax: Keine grammatische Struktur, kein semantisches Zentrum. Die Wörter sind keine Zeichen mehr – sie sind.
Das Gedicht zerlegt Sprache in ihre atomaren Bestandteile, legt die musikalischen, phonetischen, leiblichen Qualitäten offen. Es verweigert sich vollständig der instrumentellen Rede – ein bewusstes Gegenbild zur propagandistischen, technisierten Sprache der Zeit.

Metaphysische Implikationen

• Trotz – oder gerade wegen – der völligen Loslösung vom Sinn eröffnet Karawane einen metaphysischen Raum. Ball selbst beschrieb sein Ziel als Suche nach der »magischen Sprache der Ursprünge« – einer Sprache, die dem Logos vorausgeht, ja vielleicht dem Logos entkommt.
• Die »Karawane« ist nicht nur ein Bild für Bewegung – sie ist ein Exodus:
• Weg aus der zerstörten Welt des Krieges
• Zug durch die Sprachwüste
• Flucht vor den Götzen der Vernunft und Technik
• Die performative Wiederverzauberung von Sprache – durch Laut, Rhythmus, Beschwörung – erinnert an schamanistische Praktiken, an das ursprünglich sakrale in der Sprache. Es ist ein metaphysischer Protest gegen das Verstummen angesichts der Gewalt. In der absoluten Sprachzertrümmerung liegt die Möglichkeit eines Neubeginns.
• Ball schrieb: »Ich habe versucht, mit meinen Lautgedichten das Wort an seine Wiege zurückzubringen, an den Ort, wo es schreit, stammelt, singt, ruft – noch bevor es dient.«

Freie Prosaübertragung (keine Übersetzung)

Die Karawane zieht durch einen endlosen Raum – nicht von A nach B, sondern von Nichts zu Laut. Sie besteht aus Wesen, die in Klängen leben, aus Stimmen, die nicht sprechen, sondern beben.
Ein großes Tier – vielleicht aus Lehm, vielleicht aus Gold – macht Geräusche, die wie »blago bung« klingen, während ein kleines Wesen mit aufgerissenen Augen »hollaka hollala« ruft, als wolle es eine Welt herbeisingen.
Die Luft vibriert. Kein Gedanke haftet, kein Ding bleibt. Alles ist Rhythmus, Atem, ein Strom von Lauten: wulubu ssubudu uluwu.
Ein Tänzer, der auf den Schultern der Sprache geht, stolpert in das Unbekannte, nicht um zu fallen, sondern um sich aufzulösen.
Ü üü ü. Eine Silbe wie ein Stern.
Dann Stille. Dann: »ba – umf«.

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