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Johann Wolfgang Goethe
Sämtliche Gedichte

Leipziger Witzkultur
Neue Lieder

An die Unschuld

Schönste Tugend einer Seele,
Reinster Quell der Zärtlichkeit!
Mehr als Byron, als Pamele
Ideal und Seltenheit.
Wenn ein andres Feuer brennet, 5
Flieht dein zärtlich schwaches Licht;
Dich fühlt nur wer dich nicht kennet,
Wer dich kennt der fühlt dich nicht.

Göttin! In dem Paradiese
Lebtest du mit uns vereint;10
Noch erscheinst du mancher Wiese,
Morgens eh die Sonne scheint.
Nur der sanfte Dichter siehet
Dich im Nebelkleide zieh'n;
Phöbus kömmt, der Nebel fliehet, 15
Und im Nebel bist du hin.

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