Leipziger Witzkultur
Oden an meinen Freund
Oden
an meinen Freund
1767
Erste Ode
Verpflanze den schönen Baum,
Gärtner! er jammert mich.
Glücklicheres Erdreich
Verdiente der Stamm.
Noch hat seiner Natur Kraft
5
Der Erde aussaugendem Geize,
Der Luft verderbender Fäulnis,
Ein Gegengift widerstanden.
Sieh wie er im Frühling
Lichtgrüne Blätter schlägt
10
Ihr Orangenduft
Ist dem Geschmeiße Gift.
Der Raupen tückischer Zahn
Wird stumpf an ihnen,
Es blinkt ihr Silberglanz
15
Im Sonnenscheine.
Von seinen Zweigen
Wünscht das Mädchen
Im Brautkranze,
Früchte hoffen Jünglinge.
20
Aber sieh der Herbst kömmt,
Da geht die Raupe,
Klagt der listigen Spinne
Des Baums Unverwelklichkeit.
Schwebend zieht sich,
25
Von ihrer Taxuswohnung,
Die Prachtfeindin, herüber
Zum wohltätigen Baum.
Und kann nicht schaden.
Aber die vielkünstliche
30
Überzieht, mit grauem Ekel
Die Silberblätter.
Sieht triumphierend,
Wie das Mädgen schaurend,
Der Jüngling jammernd,
35
Vorübergeht.
Verpflanze den schönen Baum,
Gärtner, er jammert mich.
Baum, danke dem Gärtner
Der dich verpflanzt!
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