Anfänge
Poetische Gedancken
über die
Höllenfahrt Jesu Christi.
Auf Verlangen entworfen
von
J.W.G.
Welch ungewöhnliches Getümmel!
Ein Jauchzen tönet durch die Himmel.
Ein groses Heer zieht herrlich fort.
Gefolgt, von Tausend Millionen,
Steigt Gottes Sohn von seinen Trohnen,
5
Und eilt an jenen finstern Ort.
Er eilt umgeben von Gewittern;
Als Richter kommt Er und als Held.
Er geht und alle Sterne zittern.
Die Sonne bebt. Es bebt die Welt.
10
Ich seh Ihn auf dem Siegeswagen,
Von Feuerrädern fort getragen,
Den, der für uns am Creutze starb.
Er zeigt den Sieg auch jenen Fernen,
Weit von der Welt, weit von den Sternen,
15
Den Sieg, den Er für Uns erwarb.
Er kommt die Hölle zu zerstören,
Die schon sein Todt darnieder schlug;
Sie soll von Ihm ihr Urtheil hören.
Hört! Jetzt erfüllet sich der Fluch.
20
Die Hölle sieht den Sieger kommen,
Sie fühlt sich ihre Macht genommen.
Sie bebt und scheut sein Angesicht.
Sie kennet seines Donners Schrecken.
Sie sucht umsonst sich zu verstecken.
25
Sie sucht zu flieh’n und kann es nicht.
Sie eilt vergebens sich zu retten,
Und sich dem Richter zu entzieh’n,
Der Zorn des Herrn, gleich ehrnen Ketten,
Hält ihren Fuß sie kann nicht flieh’n.
30
Hier lieget der zertretne Drache,
Er liegt und fühlt des Höchsten Rache,
Er fühlet sie und knirscht vor Wuth.
Er fühlt der gantzen Hölle Qualen,
Er ächzt und heult bey tausend malen;
35
Vernichte Mich O, heise Gluth!
Da liegt Er in dem Flammen-Meere,
Ihn foltern ewig Angst und Pein.
Er flucht, daß ihn die Qual verzehre
Und hört die Qual soll ewig seyn.
40
Auch hier sind jene grose Schaaren
Die mit Ihm gleichen Lasters waren,
Doch lange nicht so böß als Er.
Hier liegt die ungezählte Menge,
In schwarzem, schröcklichen Gedränge
45
Im Feuer-Orkan um Ihn her.
Er sieht wie Sie den Richter scheuen
Er sieht wie Sie der Sturm zerfrist
Er siehts und kann sich doch nicht freuen,
Weil Seine Pein noch gröser ist.
50
Des Menschen Sohn steigt im Triumphe,
Hinab zum schwartzen Höllen-Sumpfe,
Und zeigt dort seine Herrlichkeit.
Die Hölle kann den Glantz nicht tragen,
Seit ihren ersten Schöpfungs-Tagen,
55
Beherrschte sie die Dunckelheit.
Sie lag entfernt von allem Lichte,
Erfült von Qual und Chaos hier.
Den Strahl von Seinem Angesichte,
Verwandte Gott auf stets von ihr.
60
Jetzt siehet Sie in ihren Gräntzen,
Die Herrlichkeit des Sohnes gläntzen,
Die fürchterliche Majestät.
Sie sieht mit Donnern Ihn umgeben,
Sie sieht, daß alle Felsen beben.
65
Wie Gott im Grimme vor Ihr steht.
Sie siehts, Er kommet Sie zu richten,
Sie fühlt den Schmerzen der Sie plagt;
Sie wünscht umsonst Sich zu vernichten.
Auch dieser Trost bleibt Ihr versagt.
70
Nun denckt Sie an ihr altes Glücke,
Voll Pein an jene Zeit zurücke,
Da dieser Glantz Ihr Lust gebahr;
Da noch Ihr Hertz im Stand der Tugend,
Ihr froher Geist in frischer Jugend,
75
Und stets voll neuer Wonne war.
Sie denckt mit Wuht an Ihr Verbrechen,
Wie Sie die Menschen kühn betrog.
Sie dachte sich an Gott zu rächen,
Jetzt fühlt Sie was es nach sich zog.
80
Gott ward ein Mensch. Er kam auf Erden.
Auch dieser soll mein Opfer werden,
Sprach Satanas und freute sich.
Er suchte Christum zu verderben,
Der Welten Schöpfer solte sterben.
85
Doch weh Dir Satan, ewiglich!
Du glaubtest Ihn zu überwinden.
Du freutest Dich bey Seiner Noth.
Doch, siegreich kommt Er Dich zu binden.
Wo ist dein Stachel hin O! Todt?
90
Sprich, Hölle! Sprich, wo ist Dein Siegen?
Sieh nur, wie Deine Mächte liegen.
Erkennst Du bald des Höchsten Macht?
Sieh, Satan! Sieh, Dein Reich zerstöret.
Von tausendfacher Qual beschweret,
95
Liegst Du in ewig finstrer Nacht.
Da liegst Du wie vom Blitz getroffen.
Kein Schein vom Glück erfreuet Dich.
Es ist umsonst. Du darfst nichts hoffen,
Meßias starb allein für Mich!
100
Es steigt ein Heulen durch die Lüffte,
Schnell wancken jene schwartze Krüffte,
Als Christus sich der Hölle zeigt.
Sie knirscht aus Wuth; Doch ihren Wüthen,
Kann unser groser Held gebieten;
105
Er winckt, die gantze Hölle schweigt.
Der Donner rollt vor Seiner Stimme.
Die hohe Siegesfahne weht.
Selbst Engel zittern vor dem Grimme,
Wann Christus zum Gerichte geht.
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Jetzt spricht Er; Donner ist Sein Sprechen,
Er spricht, und alle Felsen brechen.
Sein Athem ist dem Feuer gleich.
So spricht Er: Zittert, Ihr Verruchte!
Der, Der in Eden Euch verfluchte,
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Kommt und zerstöret Euer Reich.
Seht auf! Ihr waret meine Kinder,
Ihr habt Euch wider Mich empört.
Ihr fielt und wurdet freche Sünder,
Ihr habt den Lohn der Euch gehört.
120
Ihr wurdet meine grösten Feinde.
Verführtet meine liebsten Freunde.
Die Menschen fielen so wie Ihr.
Ihr woltet ewig Sie verderben.
Des Todtes sollten Alle sterben.
125
Doch, heulet! Ich erwarb Sie Mir.
Für Sie bin Ich herab gegangen,
Ich lidt, Ich bat, Ich starb für Sie.
Ihr sollt nicht euren Zweck erlangen.
Wer an Mich glaubt Der stirbet nie.
130
Hier lieget Ihr in ewgen Ketten,
Nichts kann Euch aus dem Pfuhl erretten,
Nicht Reue, nicht Verwegenheit.
Da liegt, krümt Euch in Schwefel-Flammen!
Ihr eiltet Euch Selbst zu verdammen.
135
Da liegt und klagt in Ewigkeit!
Auch Ihr, so Ich Mir auserkohren,
Auch Ihr verschertztet meine Huld;
Auch Ihr seyd ewiglich verlohren.
Ihr murret? Gebt Mir keine Schuld.
140
Ihr solltet ewig mit Mir leben,
Euch war hierzu mein Wort gegeben,
Ihr sündigtet und folgtet nicht.
Ihr lebtet in dem Sünden-Schlafe.
Nun quält Euch die gerechte Strafe,
145
Ihr fühlt mein schreckliches Gericht.
So sprach Er, und ein furchtbar Wetter,
Geht von Ihm aus. Die Blitze glüh’n.
Der Donner faßt die Uebertretter,
Und stürtzt Sie in den Abgrund hin.
150
Der Gott-Mensch schließt der Höllen Pforten,
Er schwingt Sich aus den duncklen Orten,
In Seine Herrlichkeit zurück.
Er sitzet an des Vaters Seiten,
Er will noch immer für Uns streiten.
155
Er wills! O, Freunde! Welches Glück?
Der Engel feierliche Chöre,
Die jauchzen vor dem grosen Gott,
Daß es die gantze Schöpfung höre:
Gros ist der Herr Gott Zebaoth!
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