• Luther 1545 Hanoch aber zeugete Jrad. Jrad zeugete Mahuiael. Mahuiael zeugete Methusael. Methusael zeugete Lamech.
• Luther 1912 Henoch aber zeugte Irad, Irad zeugte Mahujael, Mahujael zeugte Methusael, Methusael zeugte Lamech.
Parallelstellen zu Genesis (1Mose) 04:18
1Mo 4:18 Henoch aber zeugte Irad, Irad zeugte Mahujael, Mahujael zeugte Methusael, Methusael zeugte Lamech.
1Mo 5:21 Henoch war fünfundsechzig Jahre alt und zeugte Methusalah.
1Mo 36:2 Esau nahm Weiber von den Töchtern Kanaans: Ada, die Tochter Elons, des Hethiters, und Oholibama, die Tochter des Ana, die Enkelin des Zibeons, des Heviters,
Analyse
• Genesis 4,18 scheint auf den ersten Blick lediglich eine genealogische Notiz zu sein – eine kurze Aufzählung von Namen: »Henoch aber zeugte Irad, Irad zeugte Mehujael, Mehujael zeugte Methusael, Methusael zeugte Lamech.« Doch gerade in solchen scheinbar »trockenen« Versen verbirgt sich in der hebräischen Bibel oft eine tiefe Schicht an anthropologischen, psychologischen, allegorischen und philosophischen Dimensionen. Die Genealogie ist nicht nur ein Stammbaum – sie ist eine symbolische Erzählung über die Entwicklung des Menschen und seiner inneren Welten.
• Der Vers fungiert als Stille Mitte einer lauten Geschichte – eine knappe Zeile, die gleichsam die Genealogie der Ambivalenz trägt.
• Es ist kein bloßer Übergangsvers in einem Stammbaum – er ist ein dichter Knoten aus anthropologischen Grundfragen, psychologischer Tiefenstruktur, allegorischer Bildsprache und philosophischem Ernst. Die Linie von Henoch bis Lamech ist ein Spiegel der Menschheitsgeschichte, aber auch der individuellen Seele: Wie gehen wir mit Schuld um? Was wächst aus Trauma? Wie verwandelt sich Gewalt in Kultur? Und kann eine Geschichte, die auf Brudermord gründet, je zu Versöhnung finden?
• Diese Fragen bleiben offen – aber gerade in ihrer Offenheit liegt der existenzielle Ernst dieses kurzen Verses verborgen.
Biblisches Hebräisch (Masoretischer Text)
וְחֲנוֹךְ יָלַד אֶת־עִירָד, וְעִירָד יָלַד אֶת־מְחוּיָאֵל, וּמְחוּיָאֵל יָלַד אֶת־מְתוּשָׁאֵל, וּמְתוּשָׁאֵל יָלַד אֶת־לֶמֶךְ׃
Və-Ḥanōḵ jālad et-ʿĪrād, və-ʿĪrād jālad et-Məḥūyāʾēl, ū-Məḥūyāʾēl jālad et-Məṯūšāʾēl, ū-Məṯūšāʾēl jālad et-Lemeḵ.
וְ... יָלַד אֶת־ (və... jālad et–): Formelhafte Struktur, typisch für Genealogien (»und X zeugte Y«). Das Verb יָלַד (jālad) ist das Qal-Perfekt 3. Person maskulin Singular – »er zeugte«.
אֶת־ (et): Akkusativmarker; zeigt an, dass das folgende Substantiv das direkte Objekt des Verbs ist.
Namen:
עִירָד (ʿĪrād): Möglicherweise verwandt mit »Stadt« (ʿīr), unklarer Ursprung.
מְחוּיָאֵל (Məḥūyāʾēl): Mögliche Lesart »Gott macht lebendig« (Wurzel ḥ-y-h »leben« + ʾēl »Gott«).
מְתוּשָׁאֵל (Məṯūšāʾēl): Etymologisch unsicher; evtl. »Mann Gottes« (ʾīš ʾēl) oder eine Lautumstellung.
לֶמֶךְ (Lemeḵ): Kein klarer semitischer Ursprung; wohl eigenständiger Name.
Stil:
Die Reihung wirkt litaneiartig und zeigt eine typische patrilineare Genealogie, ein wichtiges Stilmittel für Ordnung und Autorität in der hebräischen Bibel.
Biblisches Griechisch (Septuaginta)
καὶ Ἑνὼχ ἐγέννησεν τὸν Εἰράδ, καὶ Εἰρὰδ ἐγέννησεν τὸν Μαειήλ, καὶ Μαειὴλ ἐγέννησεν τὸν Μαθουσαήλ, καὶ Μαθουσαὴλ ἐγέννησεν τὸν Λάμεχ.
kai Henōch egenēsen ton Eirad, kai Eirad egenēsen ton Maeiēl, kai Maeiēl egenēsen ton Mathousaēl, kai Mathousaēl egenēsen ton Lamech.
ἐγέννησεν (egenēsen): Aorist aktiv, 3. Pers. Sg. von γεννάω – »er zeugte«; identisch in jeder Gliedung.
τὸν: Akkusativmaskulin Singular Artikel – typisch für griechische Syntax, markiert den direkten Objekt-Namen.
Namen:
Die Namen wurden transliteriert, mit teils hellenisierten Endungen (z. B. Μαειὴλ statt מְחוּיָאֵל), was in der LXX oft geschieht.
Der Klang wird bewahrt, semantische Etymologie ist sekundär.
Stil:
Rhythmisch gleichförmig (καὶ ... ἐγέννησεν τὸν ...), was eine klare Parallelstruktur ergibt.
Die LXX wahrt den semitischen Rhythmus und Inhalt, fügt aber griechische grammatikalische Klarheit hinzu.
Biblisches Lateinisch (Vulgata)
Henoch autem genuit Irad, et Irad genuit Maviahel, et Maviahel genuit Mathusael, et Mathusael genuit Lamech.
genuit: Perfekt aktiv, 3. Pers. Sg. von gigno – »zeugen, hervorbringen«.
autem: hebt den Satzbeginn mit »Henoch« leicht ab – rhetorische Variation zu den übrigen et (»und«).
Diese Variation betont möglicherweise den Stammvaterstatus Henochs.
Namen:
Die Namen sind lateinisch angepasst (z. B. Maviahel statt Mahujael), oft durch phonetische Angleichung.
Auch hier keine semantische Etymologie, sondern lautliche Übertragung aus dem Griechischen oder Hebräischen.
Stil:
Die lateinische Form ist nüchtern und orientiert sich stärker am griechischen Text als am hebräischen.
Der Stil ist typisch für römisch-christliche Historiographie: klar, knapp, funktional.
Fazit
In Hebräisch dominieren Wurzelbedeutungen und die Funktion als ursprüngliche Namenstradition.
In Griechisch wirkt die Syntax stilistisch geordnet, Namen sind klanglich angepasst, aber vom semitischen Ursprung entfremdet.
In Latein zeigt sich eine Zwischenstellung: Der Satzbau bleibt einfach, aber leicht variabel, mit bewussten stilistischen Einschüben (z. B. autem), und die Namen werden aus griechischer oder hebräischer Lautform übernommen.
Vertiefte semantische Analyse des Luther-1912-Textes
Der Vers besteht aus einer genealogischen Kette, die in der Form von fünf verbundenen Generationsgliedern aufgebaut ist. Der Sprachduktus des Luther-Texts ist knapp, fast formelhaft. Es handelt sich um eine syntaktische Reihung von Subjekten und transitiven Verben ("zeugte") mit Objekt ("Irad", "Mahujael" usw.).
1. »Henoch aber zeugte Irad«
Das »aber« (althochdeutsch: aber = dennoch, jedoch) markiert eine Absetzung zu vorher Gesagtem (vgl. Vers 17: »Und Kain erkannte sein Weib… und baute eine Stadt und hieß sie nach seines Sohnes Namen Henoch.«). Es signalisiert eine neue Linie innerhalb der Erzählung, ein »weiteres« Werden.
2. Die ständige Wiederholung des Verbs »zeugte«
Im Hebräischen steht hier jeweils yalad, das sowohl das Gebären als auch das Zeugen bedeuten kann – ein Verb mit starkem Bezug zu Ursprung, Kontinuität und Leben, das aber auch im Kontext von Genesis 4 in einem Spannungsfeld mit Tod, Exil und Gewalt steht.
3. Die Namen
– Henoch: möglicherweise »Einweihung« oder »Lehre«
– Irad: unklare Etymologie, evtl. verbunden mit »Stadt« (‘ir) oder »Wanderer«
– Mahujael: vermutlich »Gott löscht aus« oder »Gott löscht (jemanden)«
– Methusael: Name unklar, evtl. »Gott ist Mann des Todes« oder »Gott ist Mensch«
– Lamech: Name unbekannter Herkunft, evtl. vorisraelitisch, semitisch nicht erklärbar
Das wiederholte Muster erzeugt Rhythmus und eine gewisse Eindringlichkeit. Es wird ein Generationenlauf erzeugt, der zielgerichtet auf Lamech zuläuft, ohne dass Zwischenstationen kommentiert werden. Damit entsteht eine verdichtete Linie mit teleologischer Funktion.
Tiefere theologische Deutung
Dieser Vers steht in einem düsteren Erzählstrang: dem der Nachkommen Kains, der als Brudermörder in Genesis 4,8 verurteilt, aber von Gott auch durch ein Zeichen geschützt wird (V. 15). Die Linie Kains ist der ursprünglich nicht erwählte Stamm, der dennoch prosperiert, Städte baut, kulturelle Innovationen hervorbringt (V. 20–22), aber auch Gewalt und Hybris symbolisiert – am deutlichsten im Lamech, der zwei Frauen nimmt (erste Polygamie) und sich als rächender Gewalttäter präsentiert (V. 23–24).
Die Genealogie ist also theologisch ambivalent:
– Sie zeigt die Gnade Gottes (Erhaltung und Fortpflanzung trotz Schuld).
– Sie betont zugleich die zunehmende Entfremdung vom göttlichen Willen – eine Entfremdung, die sich im Kontrast zur Linie Set ab Vers 25 zeigt (vgl. Genesis 5).
Lamech erscheint als theologisch signifikanter Endpunkt:
– Seine Gestalt ist eine Art Anti-Noach (der in der Set-Linie auftritt).
– Er steht für menschliche Selbstermächtigung, Gewaltethos, Selbstrechtfertigung – gleichsam als Steigerung des kainschen Geistes.
Ausführliche literarische Einordnung
1. Gattung und Stil
Der Vers ist Teil einer genealogischen Liste – einem typischen Stilmittel altorientalischer Literatur, das sowohl chronologisch als auch symbolisch funktioniert. Diese Liste dient nicht nur der historischen Rekonstruktion, sondern auch der theologisch-literarischen Strukturierung von Geschichten.
2. Parallelen und Kontraste
Es gibt eine zweite Genealogie in Genesis 5, die von Set ausgeht und mit Noach endet. Dort sind die Namen teils ähnlich (Henoch, Methusalah, Lamech), was in der Forschung zu Diskussionen über Quellenschichten und Dopplungen geführt hat.
3. Literarische Funktion
Die Linie aus Genesis 4 (Kains Nachkommen) stellt eine Gegenlinie zur Linie Adams über Set dar. Diese literarische Spaltung erlaubt eine Gegenüberstellung von zwei Menschheitsmodellen:
– Kains Linie: Kultur, Stadt, Musik, Technologie – aber auch Gewalt, Hybris, Polygamie
– Sets Linie: Frömmigkeit, Gottesbeziehung, innerer Fortschritt – gipfelnd in Noach
Diese Struktur ähnelt literarisch Zwillingsgenealogien in anderen Mythen (z. B. Romulus und Remus), die urbane Ordnung und Gewalt auf einen mythischen Ursprung zurückführen.
Tiefe kulturgeschichtliche Dimensionen
1. Städtebau und Kulturentwicklung
Die in Genesis 4 beschriebene Linie ist kulturhistorisch enorm bedeutsam: Hier erscheinen zum ersten Mal Stadtbau (V. 17), Musik (V. 21), Metallurgie (V. 22) – und damit die Grundlagen der Zivilisation. Der Vers 18 ist das genealogische Rückgrat dieses kulturellen Prozesses.
2. Mythologisch-soziologische Tiefenstruktur
Die Genealogie insinuiert eine Art kulturelle Erinnerung an Urväter von bestimmten Berufsgruppen. Viele Forscher sehen darin eine mythische Ahnengalerie von Zivilisationsstiftern:
– Henoch als Stadtgründer
– Jabal, Jubal und Tubal-Kain als Stammväter von Nomaden, Musikern, Schmieden
– Lamech als Grenzfigur zwischen Ordnung und Anomie
3. Spätantike und mittelalterliche Rezeption
Kirchenväter wie Augustinus sahen in der Linie Kains die Verkörperung des »irdischen Staates« (»civitas terrena«), der im Gegensatz zur »civitas Dei« steht – ein Denken, das tiefe Auswirkungen auf das christliche Geschichtsverständnis hatte.
4. Moderne Rezeption
Die kainsitische Linie wurde immer wieder herangezogen, um die Ambivalenz menschlichen Fortschritts zu beschreiben: Kultur als Segen und Fluch. Sie ist eine frühe Erzählung über die Zivilisationsparadoxie – Fortschritt als Frucht der Schuld.
Fazit
Genesis 4,18 wirkt auf den ersten Blick wie ein bloßer genealogischer Übergangsvers, entfaltet aber bei genauerer Betrachtung eine enorme Tiefe:
– Semantisch präzise und rhythmisch
– Theologisch als Spiegelung von Segen und Entfremdung
– Literarisch als Baustein einer dramatischen Doppelerzählung von Menschheitslinien
– Kulturgeschichtlich als mythischer Kommentar zu Urbanität, Technik und Gewalt
Anthropologische Dimensionen
• Anthropologisch betrachtet befinden wir uns in der Linie Kains – also in der Genealogie nach dem Brudermord an Abel. Diese Linie stellt eine Menschheit dar, die nicht auf göttlicher Erwählung, sondern auf Selbstbehauptung, Gewalt und Fortschritt gründet. Die Aufzählung der Nachkommen hat hier eine Funktion der Darstellung kultureller und zivilisatorischer Entwicklung.
• Die Namen repräsentieren Generationen nach dem »Fall aus der Unmittelbarkeit Gottes«, nach dem Austritt aus Eden. Henoch (nicht zu verwechseln mit dem Henoch aus der Linie Seths) steht am Anfang – und was folgt, sind Generationen, die zunehmend in die Weltlichkeit, in Konstruktion und später in Technik und Gewalt eintauchen (vgl. auch Lamech in Vers 23–24). Der Mensch erscheint hier als ein sich entfaltendes Wesen, das nach dem Verlust des Paradieses verschiedene Daseinsformen entwickelt, dabei aber auch in Schuld und Machtverhältnisse verstrickt bleibt.
• Diese vier Generationen markieren somit eine Art anthropologischen Weg vom mythischen Ursprung in Richtung menschlicher Selbstbehauptung. Die Gewalt Kains hallt in ihnen nach – nicht nur als äußere Tat, sondern als strukturelle Bedingung menschlicher Geschichte.
Allegorisch-metaphorische Dimensionen
Jeder Name in der Bibel hat Gewicht – nicht nur als historische Markierung, sondern als Träger von Bedeutungen. Die Namen der Nachkommen Kains sind nicht beliebig:
• Henoch kann »Einweihung« oder »Lehrer« bedeuten. Es ist ironisch, dass der erste Nachkomme nach dem Brudermord diesen Namen trägt – als ob die erste Lehre der Menschheit jene des Überlebens unter Schuld wäre.
• Irad könnte mit »Stadtflüchtiger« oder »Herumirrender« assoziiert werden (vom hebräischen arad oder ’ayir = Stadt). Eine Figur, die Bewegung und Unruhe symbolisiert.
• Mehujael bedeutet vermutlich »von Gott geschlagen« oder »Gott löscht aus« – was den Bruch mit dem Göttlichen, das Trauma der Trennung, spiegelt.
• Methusael heißt möglicherweise »von Gott verlangt« oder »von Gott ist Tod« – was bereits eine Verdichtung der Existenz auf Endlichkeit, Vergänglichkeit und Distanz von Gott hinweist.
• Lamech schließlich ist eine dunkle Gestalt, die in den folgenden Versen zum ersten Sänger einer mörderischen Hymne wird – einer Gewaltpoesie. Der Name Lamech ist möglicherweise mit »stark« oder auch »verkrüppelt« zu verbinden – vielleicht ein Symbol für die Ambivalenz menschlicher Macht.
• Allegorisch steht die Reihe für den Prozess der fortschreitenden Entfremdung des Menschen vom Göttlichen, aber auch für die Geburt der Zivilisation aus der Wunde der Schuld. Die Namen sind Chiffren für seelische Zustände, die sich in kulturelle Formen übersetzen.
Psychologische Vertiefung
• Psychologisch betrachtet spiegelt diese Genealogie einen inneren Prozess: die seelische Vererbung einer traumatischen Urerfahrung. Der Mord Kains an Abel wirkt wie ein Urkomplex, der sich über Generationen hinweg manifestiert – als Schuld, Angst, Trotz, Verdrängung und Reinszenierung.
• Henoch ist das Kind nach der Tat – oft ein Symbol für das, was aus verdrängter Schuld hervorgeht: ein Versuch der Integration. Doch Irad bringt die Rastlosigkeit, Mehujael die göttliche Wunde, Methusael die Ahnung des Todes, und Lamech schließlich die Wiederkehr der Gewalt in poetischer Form. Man könnte sagen: Hier vollzieht sich eine Art unbewusste »Todestrieb«-Genealogie (im freudianischen Sinn), in der die ursprüngliche Aggression nicht verarbeitet, sondern transformiert wird in Kultur, Technik, aber auch in neue Formen von Macht und Zerstörung.
• Die Linie Kains steht für eine Psyche, die sich nicht durch Versöhnung, sondern durch Sublimierung ihrer inneren Konflikte entfaltet – ein Dasein unter dem Zeichen der Repetition.
Philosophische Vertiefung
• Philosophisch gelesen verweist Genesis 4,18 auf das Problem des Ursprungs der Geschichte. Walter Benjamin sprach davon, dass der Ursprung nicht etwas ist, das am Anfang steht, sondern »in das Werdende hineinfällt«. In diesem Sinne ist der Mord Kains nicht einfach der erste Mord – er ist das »Ursprungsereignis«, das die Zeit selbst entzündet. Die Namen der Nachkommen sind wie Seismographen dieser Zeit.
• Zugleich stellt sich die Frage nach der Möglichkeit von Geschichte ohne Gnade. In der Linie Kains fehlt – im Gegensatz zur Linie Seths – die explizite göttliche Begleitung. Diese Abwesenheit ist jedoch nicht gleichbedeutend mit Bedeutungslosigkeit, sondern führt zu einem Menschsein in radikaler Freiheit und Verantwortung. Es ist die Existenzform des Menschen ohne Paradies – vielleicht die eigentliche conditio humana.
• Lamech schließlich bringt ein Bewusstsein hervor, das Gewalt nicht nur ausübt, sondern poetisch reflektiert. Das ist bezeichnend: Der Mensch wird zum Dichter der Gewalt, zum Interpreten seiner eigenen Schuldgeschichte. In dieser Figur kulminiert die philosophische Frage: Kann es Geschichte ohne Erlösung geben? Und: Ist das Bewusstsein der Schuld selbst schon ein Schritt zur Umkehr?