• Luther 1545 Vnd Gott der HERR machet Adam vnd seinem weibe Röcke von Fellen / vnd zog sie an.
• Luther 1912 Und Gott der HERR machte Adam und seinem Weibe Röcke von Fellen und kleidete sie.
Parallelstellen zu Genesis (1Mose) 3:21
1Mo 3:21 Und Gott der HERR machte Adam und seinem Weibe Pelzröcke und bekleidete sie.
1Mo 3:7 Da wurden ihrer beider Augen aufgetan, und sie wurden gewahr, daß sie nackt waren; und sie banden Feigenblätter um und machten sich Schürzen.
Jes 61:10 Ich freue mich hoch am HERRN, und meine Seele frohlockt über meinen Gott; denn er hat mir Kleider des Heils angezogen, mit dem Rock der Gerechtigkeit mich bekleidet, wie ein Bräutigam sich mit priesterlichem Kopfputz schmückt und wie eine Braut ihren Schmuck anlegt.
Röm 3:22 nämlich die Gerechtigkeit Gottes, veranlaßt durch den Glauben an Jesus Christus, für alle, die da glauben.
2Kor 5:2 Denn in diesem Zelt seufzen wir vor Sehnsucht darnach, mit unsrer Behausung, die vom Himmel ist, überkleidet zu werden,
2Kor 5:3 sofern wir bekleidet und nicht nackt erfunden werden.
2Kor 5:21 Denn er hat den, der von keiner Sünde wußte, für uns zur Sünde gemacht, auf daß wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden.
Hebräisch (Masoretischer Text)
וַיַּ֩עַשׂ יְהוָ֧ה אֱלֹהִ֛ים לְאָדָ֥ם וּלְאִשְׁתּ֖וֹ כָּתְנ֥וֹת ע֖וֹר וַיַלְבִּשֵֽׁם׃
Vayyaʿaś YHWH ʾĕlōhîm leʾāḏām ûləʾištô kātənōt ʿôr wayalbīšēm
וַיַּ֩עַשׂ (vayyaʿaś): Qal Imperfekt mit vav-consecutiv von עָשָׂה (»machen«) → narrative Form: »und er machte«.
יְהוָ֧ה אֱלֹהִ֛ים (YHWH ʾĕlōhîm): Kombination von Gottesnamen – der personale JHWH und der majestätische Titel Elohim → Betonung von Gottes persönlicher und zugleich transzendenter Rolle.
לְאָדָ֥ם וּלְאִשְׁתּ֖וֹ: Dativkonstruktion mit Präposition לְ (für) – leʾāḏām ûləʾištô = »für Adam und seine Frau«.
כָּתְנ֥וֹת (kāṯənōt): Plural von כֻּתֹּנֶת – Tunika, Hemd oder einfacher Mantel, ein basales Kleidungsstück. Wird auch bei Joseph, Priestern und königlichen Personen erwähnt.
ע֖וֹר (ʿôr): Haut, Fell – im Gegensatz zu pflanzlichem Material. Das erste Mal, dass Tierhaut (und Tod) zur Bedeckung verwendet wird – implizit ein Opferakt.
וַיַלְבִּשֵֽׁם (wayalbīšēm): Hif'il-Form von לָבַשׁ – »bekleiden, anziehen«. Aktives Tun Gottes, ein fürsorglicher Akt.
Theologisch:
Gott wird als der erste Kleidermacher dargestellt – das Motiv der Schamdeckung wird hier mit einem Gnadenakt verbunden. Die Verwendung von Fell lässt eine symbolische Verbindung zu Opferung und Sühne ahnen.
Griechisch (Septuaginta)
Καὶ ἐποίησεν κύριος ὁ θεὸς τῷ Ἀδὰμ καὶ τῇ γυναικὶ αὐτοῦ χιτῶνας δερματίνους, καὶ ἐνέδυσεν αὐτούς.
Kai epoiēsen kurios ho theos tōi Adam kai tēi gynaiki autou chitōnas dermatinous, kai enedysen autous.
ἐποίησεν (epoiēsen): Aorist von ποιέω – »machen, tun« → narrative Vergangenheit.
κύριος ὁ θεός: Übersetzt den hebräischen Doppelnamen JHWH Elohim – im NT oft für den Herrn Jesus verwendet. Der personal-transzendente Gott.
χιτῶνας (chitōnas): Tuniken – wie bei den Soldaten unter dem Kreuz (Joh 19,23) → ein schlichtes Unterkleid, manchmal aus Leinen.
δερματίνους (dermatinous): Adjektiv zu »Haut«, gr. δέρμα → »aus Fell/Haut gemacht« – wörtlich: »häutene Tuniken«.
ἐνέδυσεν (enedysen): Aorist von ἐνδύω – »einkleiden, anziehen«. Gott führt selbst die Handlung aus – ein symbolischer Akt der Fürsorge und Bedeckung.
Theologisch:
Die LXX betont ebenso Gottes aktives Bekleiden. Das griechische »χιτών« hat Parallelen zu priesterlicher Kleidung. Mögliche Anklänge an priesterliches Handeln (vgl. Ex 28), was Adam als ersten »Priester der Schöpfung« deutbar macht.
Latein (Vulgata)
Fecit quoque Dominus Deus Adam et uxori eius tunicas pelliceas, et induit eos.
Fecit … tunicas pelliceas: »Er machte … Röcke/Tuniken aus Fell«.
tunicae: Alltagskleid, untere Bekleidung – auch bei Römern bekannt.
pelliceae (von pellis): Aus Haut gemacht → »lederne Kleidung«.
Dominus Deus: Klassische Übersetzung von JHWH Elohim.
uxori eius: »seiner Frau« – klassisch, aber weniger intim als das Hebräische.
induit eos: »bekleidete sie« (induo = anziehen) – betont wiederum Gottes aktives Handeln.
Theologisch:
Hier verschmilzt das Motiv der Bedeckung mit der göttlichen Autorität: induit eos ist nicht nur körperlich, sondern auch symbolisch → Gott bedeckt die Schuld, schützt vor der Nacktheit des Bewusstseins.
Schlussbemerkung
In allen drei Sprachtraditionen bleibt das zentrale Motiv erhalten: Gott initiiert einen Akt der Fürsorge und Bedeckung nach dem Sündenfall. Die Sprache reflektiert dabei unterschiedliche Nuancen – vom schlichten Handeln über kultische Symbolik bis hin zu soteriologischen Andeutungen.
Der Gebrauch von Tierhaut impliziert erstmals das Thema Tod als Folge der Sünde – aber auch eine Form von Gnade, da der Mensch nicht nackt, sondern geschützt weiterlebt.
Vertiefte semantische Analyse
1. »Und Gott der HERR«
Die Doppelnennung »Gott der HERR« (hebräisch: YHWH Elohim) vereint zwei Gottesnamen: Elohim, der transzendente Schöpfergott, und YHWH, der persönliche Bundesgott Israels. Diese Kombination zeigt, dass derselbe Gott sowohl majestätisch-übergeordnet als auch fürsorglich-beziehungshaft agiert. Im Kontext des Falls spiegelt diese Formulierung eine theologische Spannung: Gericht und Gnade gehen von derselben göttlichen Instanz aus.
2. »machte ... Röcke von Fellen«
Das hebräische כָּתְנוֹת עוֹר (kotnot 'or) bedeutet wörtlich »Tunika(n) aus Haut«.
– Kotnot bezeichnet ein einfaches, ärmelloses Untergewand, das normalerweise bis zu den Knien oder Knöcheln reicht.
– 'Or (Fell/Haut) verweist auf Tierhaut – implizit muss also ein Tier getötet worden sein.
Diese Geste ist mehr als bloß praktisches Bekleiden – sie ist die erste Handlung Gottes nach dem Urteilsspruch (Vertreibung), die auf Erbarmen zielt. Während Adam und Eva sich zuvor aus Feigenblättern notdürftig selbst bedeckten (Gen 3,7), kommt hier erstmals ein »göttlich gestiftetes Kleid« ins Spiel – haltbar, schützend, aber nicht ohne Preis.
3. »und kleidete sie«
Das hebräische Verb (וַיַּלְבִּשֵׁם, vajjalbischem) bedeutet: »er kleidete sie ein«, mit einem fürsorglichen, fast elterlichen Unterton. Es ist ein aktives Tun Gottes – sie werden nicht aufgefordert, sich zu kleiden, sondern Er selbst tut es. Dies symbolisiert ein Weiterbestehen der Beziehung trotz des Sündenfalls.
Tiefere theologische Deutung
1. Gottes Gnade im Gericht
Inmitten der Konsequenzen des Sündenfalls (Fluch, Vertreibung, Sterblichkeit) ist diese Handlung ein Akt der Gnade. Gott nimmt sich der Beschämten an. Er gibt ihnen Schutz, Würde und Fürsorge – ein erstes »Evangelium in der Tat«.
2. Symbolik des Fells
Viele Ausleger – besonders in der patristischen und reformatorischen Theologie – sahen hier einen Opferakt: Um Fell bereitzustellen, musste ein Tier sterben. Das bedeutet: Blut wird vergossen. In diesem Sinne könnte das Bekleiden mit Fell als erstes Vorspiel zur Opfertheologie gedeutet werden, das im alttestamentlichen Kult (Lev 16) und schließlich im neutestamentlichen Kreuzestod Christi seine Erfüllung findet.
3. Neuschöpfung durch Umkleidung
Der Sündenfall zerstört das ursprüngliche »Bekleidet-Sein« mit Unschuld. Die Röcke von Fellen ersetzen nicht nur die Blätter, sondern markieren den Beginn eines neuen Existenzmodus: Der Mensch lebt nun unter anderen Bedingungen – aber weiterhin unter Gottes Blick und Sorge.
4. Antizipation von Christus als »Gewand der Gerechtigkeit«
Frühchristliche Theologen (besonders Irenäus, Augustinus) sahen in diesem Vers ein typologisches Vorzeichen Christi, der die Menschen mit dem Kleid seiner Gerechtigkeit bekleidet. Sie verstanden das Fellgewand als Vorbild für die sakramentale »Bekleidung mit Christus« in der Taufe (vgl. Gal 3,27: »Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen«).
Rezeptionsgeschichtliche Vertiefung
1. Jüdische Auslegungstradition
Im Midrasch (Bereschit Rabba) heißt es, dass Gott Adam und Eva mit einem »Lichtkleid« (kotnot 'or, wobei 'or auch »Licht« bedeuten kann, wenn man den ersten Buchstaben anders liest) bekleidete. Spätere jüdische Mystik verband dies mit dem Verlust eines »Lichtleibes« beim Sündenfall. Der Mensch wurde »fleischlich«, Gott aber deckt seine Blöße gnädig zu.
2. Christliche Theologie
– Augustinus sah in diesem Vers das erste Zeichen von Gottes Barmherzigkeit: Die »gerechte Strafe« wird mit einem Akt der Milde gepaart.
– Luther betonte die Spannung zwischen dem »von Gott bereiteten Kleid« und der nutzlosen Eigenbedeckung mit Feigenblättern – Sinnbild für den Unterschied zwischen menschlichem Werk und göttlicher Gnade.
– Calvin las den Text als Beweis, dass Gott selbst in seinem Zorn väterlich handelt und seine »kindergleichen Menschen« nicht schutzlos lässt.
3. Mystik und Kunst
– In der christlichen Mystik wurde dieser Vers oft allegorisch verstanden: Das neue Kleid als Bild für die Seele, die im Licht Gottes wiedergeboren wird.
– In der Kunst (z. B. Masaccio, Michelangelo) wird die Szene der Einkleidung oft als Kontrast zur Vertreibung dargestellt – sie zeigt, dass Gnade und Gericht zusammengehören.
4. Moderne Deutung
In der Tiefenpsychologie (z. B. bei Jung) wird das »Bekleidetwerden« als symbolischer Schritt in die Individuation gelesen – der Mensch tritt in ein neues Bewusstsein von Schuld, Verantwortung, aber auch Identität. Der »Fellmantel« wird zur Metapher für das Menschsein in der Endlichkeit.
Fazit
Genesis 3,21 ist ein Vers von stiller, aber tiefer Tragweite. Gott kleidet den Menschen – das ist mehr als Schutz vor Kälte. Es ist die erste Geste eines Heilsplans, der trotz der Rebellion des Menschen weitergeht. Die Einkleidung ist zugleich ein Symbol für Schuld, Gnade, Tod und Leben – und eröffnet eine heilsgeschichtliche Linie bis zum »neuen Gewand« der Auferstehung.
Literarische und kulturgeschichtliche Einordnung
Dieser Vers steht am Ende des Sündenfallberichts. Nach der Übertretung des göttlichen Gebots durch Adam und Eva ist Scham in die Welt gekommen: »sie erkannten, dass sie nackt waren«. Zunächst versuchen sie sich selbst mit Feigenblättern zu bedecken (Gen 3,7), doch Gott ersetzt dies mit Röcken aus Fellen.
Diese Geste ist mehr als bloßer Schutz vor Kälte:
• Sie ist Akt der Fürsorge trotz des Gerichts – Gott vertreibt die Menschen aus dem Paradies, aber er sorgt für sie.
• Das Wort Fell (‘ôr im Hebräischen) verweist möglicherweise auf ein erstes Tieropfer, das im Hintergrund steht – ein Motiv, das sich im priesterlichen Denken Israels als Prototyp kultischer Versöhnung etablieren könnte.
• Es bedeutet auch einen Übergang: vom paradiesischen Zustand der Unschuld zur Existenz in der Geschichte – bekleidet, sterblich, schuldbeladen, aber von Gott nicht verlassen.
• In der jüdischen und christlichen Tradition wird diese Stelle vielfach als erster Hinweis auf Erlösung gelesen: ein Protoevangelium im Tun Gottes, das später in der »Haut« des Christus (Inkarnation) seine Erfüllung finden könnte.
Resonanz in Dantes Divina Commedia
• Obwohl Genesis 3,21 nicht explizit in Dantes Commedia zitiert wird, ist die Szene doch inhaltlich präsent – besonders im Spannungsfeld zwischen Nacktheit, Bekleidung und Gnade.
• In Purgatorio XXX-XXXIII, wenn Beatrice Dante zur Reue führt, ist das Bild des »entblößten« Zustandes der Seele bedeutsam. Die Seele muss ihre falsche Kleidung – also Schein und Eitelkeit – ablegen, um neu bekleidet zu werden durch die göttliche Gnade. Dante stellt an mehreren Stellen das Bild der Seelenkleidung in den Dienst einer moralischen und geistlichen Läuterung.
• Der Übergang vom Feigenblatt zum Fellgewand hat eine Analogie im Übergang vom menschlichen Werk zur göttlichen Gnade – eine Theologie, die Dante tief aufnimmt. Wie Gott Adam und Eva nach der Sünde nicht entblößt, sondern zärtlich bedeckt, so kleidet auch die göttliche Gnade den Sünder in neue Existenzmöglichkeiten.
• Zudem darf man Dantes Bild des Paradieses in Paradiso Canto VII nicht übersehen, wo es heißt, dass Christus kam, um den »Mantel der alten Schuld« (la pelle antica) zu lösen – ein mögliches Echo auf die Felle, die Adam einst trug.
Anthropologische Perspektiven
Anthropologisch gesehen markiert dieser Vers einen tiefen Einschnitt in das Menschsein:
• Der Mensch ist ein bekleidetes Wesen, weil er sich seiner Verletzlichkeit und Endlichkeit bewusst ist.
• Kleidung wird zum Symbol des kulturellen Menschen – ein zivilisatorischer Akt, zugleich aber auch ein Zeichen für Schuld, Scham, Trennung.
• Im Unterschied zur animalischen Nacktheit ist die Bekleidung nicht bloß funktional, sondern zeichentragend – sie markiert Distanz zur ursprünglichen Unschuld und evoziert zugleich das Bedürfnis nach neuer Würde.
• Der Vers lässt sich somit als Beginn einer Existenz in der Geschichte lesen: Der Mensch ist verwiesen auf Tod, Arbeit, Schmerz – aber er bleibt Objekt göttlicher Zuwendung. Hier klingt ein erster Anruf an die Würde des Menschen an, der trotz Schuld ein Bild Gottes bleibt – nicht mehr paradiesisch, aber auch nicht verstoßen.
Zusammenfassend
Genesis 3,21 steht am Ursprung der westlichen Vorstellung von Kultur, Erlösung und Menschenwürde. Die göttliche Geste des Bekleidens nach dem Fall ist Zeichen einer Gnade trotz Strafe, die in Dantes Commedia in neue Formen (Gewänder der Tugend, Mantel der Erlösung) aufgenommen wird. Anthropologisch wird Kleidung zum Sinnbild des zwiespältigen Menschseins: zwischen Blöße und Würde, Schuld und Fürsorge, Tier und Gott.