Luther 1545
VND gott der HERR machet den menschen aus dem Erdenklos / vnd er blies jm ein den lebendigen Odem in seine Nasen / Vnd also ward der Mensch eine lebendige Seele.
Luther 1912
Und Gott der HERR machte den Menschen aus einem Erdenkloß, uns blies ihm ein den lebendigen Odem in seine Nase. Und also ward der Mensch eine lebendige Seele.
Parallelstellen zu Genesis (1Mose) 02:07
1Mo 2:7 Da bildete Gott der HERR den Menschen, Staub von der Erde, und blies den Odem des Lebens in seine Nase, und also ward der Mensch eine lebendige Seele.
4Mo 16:22 Sie fielen aber auf ihr Angesicht und sprachen: O Gott, du Gott der Geister alles Fleisches, ein Mann hat gesündigt, und du willst über die ganze Gemeinde zürnen?
4Mo 27:16 Der HERR, der Gott der Geister alles Fleisches, wolle einen Mann über die Gemeinde setzen,
Spr 20:27 Der Geist des Menschen ist eine Leuchte des HERRN; sie durchforscht alle Kammern des Leibes.
Sach 12:1 Dies ist der Ausspruch, das Wort des HERRN über Israel: Es spricht der HERR, der den Himmel ausspannt und die Erde gründet und den Geist des Menschen in seinem Innern bildet:
1.Kor 15:45 So steht auch geschrieben: Der erste Mensch, Adam, wurde zu einer lebendigen Seele; der letzte Adam zu einem lebendigmachenden Geiste.
Heb 12:9 Sodann hatten wir auch unsere leiblichen Väter zu Zuchtmeistern und scheuten sie; sollten wir jetzt nicht vielmehr dem Vater der Geister untertan sein und leben?
Hiob 27:3 Solange noch mein Odem in mir ist und der Hauch Gottes in meiner Nase,
Hiob 33:4 Der Geist Gottes hat mich gemacht, und der Odem des Allmächtigen belebt mich.
Joh 20:22 Und nachdem er das gesagt, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfanget heiligen Geist!
Apg 17:25 ihm wird auch nicht von Menschenhänden gedient, als ob er etwas bedürfte, da er ja selbst allen Leben und Odem und alles gibt.
Ps 100:3 Erkennet, daß der HERR Gott ist; er hat uns gemacht, nicht wir uns selbst, zu seinem Volk und zu Schafen seiner Weide.
Ps 139:14 Ich danke dir, daß du mich wunderbar gemacht hast; wunderbar sind deine Werke, und meine Seele erkennt das wohl!
Ps 139:15 Mein Gebein war dir nicht verhohlen, da ich im Verborgenen gemacht ward, gewirkt tief unten auf Erden.
Jes 64:8 Nun aber bist du, HERR, unser Vater; wir sind der Ton, und du bist unser Töpfer, wir sind allzumal deiner Hände Werk.
1.Mo 7:22 und es starb alles, was auf dem trockenen Lande einen lebendigen Odem in der Nase hatte.
Pred 3:21 Wer weiß, ob der Geist des Menschen aufwärts steigt, der Geist des Tieres aber abwärts zur Erde fährt?
Jes 2:22 So lasset nun ab von dem Menschen, der nur Hauch in seiner Nase hat, denn wofür ist er zu achten?
1Mo 3:19 Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot essen, bis daß du wieder zur Erde kehrst, von der du genommen bist; denn du bist Staub und kehrst wieder zum Staub zurück!
1Mo 3:23 Deswegen schickte ihn Gott der HERR aus dem Garten Eden, damit er den Erdboden bearbeite, von dem er genommen war.
Hiob 4:19 wieviel mehr bei denen, die in Lehmhütten wohnen, deren Fundament im Staube liegt und die gleich Motten zerstört werden!
Hiob 33:6 Siehe, ich stehe zu Gott, gleich wie du; auch ich bin vom Lehm genommen.
Ps 103:14 denn er weiß, was für ein Gemächte wir sind; er denkt daran, daß wir Staub sind.
Pred 3:7 Zerreißen hat seine Zeit, und Flicken hat seine Zeit; Schweigen hat seine Zeit, und Reden hat seine Zeit;
Pred 3:20 Alle gehen an einen Ort: alles ist aus dem Staube geworden, und alles kehrt auch wieder zum Staub zurück.
Pred 12:7 und der Staub wieder zur Erde wird, wie er gewesen ist, und der Geist zu Gott zurückkehrt, der ihn gegeben hat.
Jes 64:8 Nun aber bist du, HERR, unser Vater; wir sind der Ton, und du bist unser Töpfer, wir sind allzumal deiner Hände Werk.
Röm 9:20 Nun ja, lieber Mensch, wer bist denn du, daß du mit Gott rechten willst? Spricht auch das Gebilde zu seinem Bildner: Warum hast du mich so gemacht?
1Kor 15:47 Der erste Mensch ist von Erde, irdisch; der zweite Mensch ist der Herr vom Himmel.
2Kor 4:7 Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, auf daß die überschwengliche Kraft von Gott sei und nicht von uns.
2Kor 5:1 Denn wir wissen, daß, wenn unsere irdische Zeltwohnung abgebrochen wird, wir einen Bau von Gott haben, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist, im Himmel.
Biblisches Hebräisch
וַיִּיצֶר יְהוָה אֱלֹהִים אֶת־הָאָדָם עָפָר מִן־הָאֲדָמָה וַיִּפַּח בְּאַפָּיו נִשְׁמַת חַיִּים וַיְהִי הָאָדָם לְנֶפֶשׁ חַיָּה
Vayyitzer YHWH Elohim et-ha’adam ʿafar min-ha’adamah, vayyipach be’appav nishmat chayyim; vayehi ha’adam lenefesch chayyah
Da bildete der HERR, Gott, den Menschen aus Staub vom Erdboden und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens; so wurde der Mensch eine lebendige Seele.
Anmerkung: Das doppelte י (yod) in וַיִּיצֶר („er bildete“) ist von rabbinischer Seite mit der Zweiheit des Menschen (materiell und geistig) assoziiert worden.
Biblisches Griechisch (Septuaginta)
καὶ ἔπλασεν ὁ θεὸς τὸν ἄνθρωπον, χοῦν ἀπὸ τῆς γῆς, καὶ ἐνεφύσησεν εἰς τὸ πρόσωπον αὐτοῦ πνοὴν ζωῆς· καὶ ἐγένετο ὁ ἄνθρωπος εἰς ψυχὴν ζῶσαν.
kai eplasen ho Theos ton anthrōpon, choun apo tēs gēs, kai enephusēsen eis to prosōpon autou pnoēn zōēs; kai egeneto ho anthrōpos eis psychēn zōsan
Und Gott formte den Menschen aus Staub von der Erde und hauchte ihm ins Angesicht den Odem des Lebens; und der Mensch wurde eine lebendige Seele.
Besonders: Das Wort „πνοὴ“ (pnoē – Odem) verweist auch im NT (z. B. Apg 17,25) auf das lebensspendende Wirken Gottes.
Biblisches Latein (Vulgata)
Formavit igitur Dominus Deus hominem de limo terrae: et inspiravit in faciem eius spiraculum vitae, et factus est homo in animam viventem.
Da bildete Gott, der Herr, den Menschen aus Lehm der Erde, und hauchte in sein Angesicht den Hauch des Lebens, und der Mensch wurde zu einer lebendigen Seele.
„Limus“ = Lehm oder feuchter Ton, betont die Formbarkeit und Niedrigkeit des Menschen. „Spiraculum vitae“ verweist auf Gottes schöpferischen Atem.
Theologisch
Anthropologie:
Der Mensch ist weder rein geistig noch bloß materiell. Die Schöpfung besteht aus zweifachem Ursprung: staub der Erde (adamah) und Odem Gottes (nishmat chayyim). Diese Spannung ist zentral in jüdischer und christlicher Theologie.
Gottesbild:
• Gott erscheint hier als Handwerker (JHWH = personal, nahe) und Lebensspender. Es wird eine intime Nähe zwischen Schöpfer und Geschöpf deutlich.
• Trinitarisches Vorausbild (christlich gelesen):
Der Odem als Symbol für den Geist (vgl. Joh 20,22), was in der christlichen Theologie als Vorausbild des Heiligen Geistes gedeutet wird.
Liturgisch
Aschekreuz am Aschermittwoch:
„Staub bist du, und zum Staub kehrst du zurück.“ – Genesis 3,19 knüpft direkt an 2,7 an. Diese Stelle prägt das liturgische Bewusstsein von Vergänglichkeit und Hoffnung auf Wiederbelebung durch Gottes Geist.
Pfingsten:
Die Thematik des Lebenshauchs (Odem) findet ihre liturgische Entsprechung im Pfingstereignis – Gott haucht seinen Geist ein → neue Schöpfung (vgl. Ez 37).
Philosophisch
Dualität von Materie und Geist:
Der Vers bietet eine ontologische Grunderzählung des Menschen: aus der Erde (hylisch) geformt, durch Geist (nous/pneuma) lebendig gemacht – vergleichbar mit platonisch-aristotelischen Ansätzen.
Existenz und Person:
Menschsein ist nicht allein biologisch definiert – sondern durch göttlichen Atem; das Wesen des Menschen ist geist-durchdrungene Körperlichkeit.
Moralisch
Demut:
Der Mensch ist aus Staub – Zeichen seiner Niedrigkeit und Endlichkeit. Stolz ist hier fehl am Platz (vgl. Augustinus: „Was hast du, das du nicht empfangen hast?“).
Verantwortung:
Als Träger des göttlichen Atems ist der Mensch zur Ethik berufen – Leben bewahren, Gottes Odem in der Welt weitertragen.
Allegorisch
Staub = Körper | Odem = Seele
In der patristischen Exegese steht der „Staub“ für das Fleischliche, das Endliche; der „Odem“ für das Göttliche, das den Menschen erhebt (z. B. Origenes, Augustinus).
Adam = Christus-Vorbild (typologisch):
Adam als Urmensch → Christus als neuer Mensch, in dem durch den Geist neues Leben geschenkt wird (vgl. 1 Kor 15,45: „Der erste Mensch wurde zu einer lebendigen Seele, der letzte Adam zu einem lebendig machenden Geist“).
Symbolisch
Erde (אֲדָמָה): Symbol für Fruchtbarkeit, Vergänglichkeit, Verbundenheit mit der Schöpfung.
Atem: Symbol des Lebens, göttlicher Präsenz und schöpferischer Kraft.
Metaphorisch
Formung aus Staub:
Der Mensch ist kein Zufallsprodukt, sondern geformt – Metapher für göttliche Intention, Zweck, Design.
Hauch Gottes:
Der Atem als metaphorische Darstellung für göttliche Inspiration, die über reine Biologie hinaus Leben bedeutet (vgl. Inspiration → „Einhauchen“).
Topos
Topos des homo ex limo:
Der Mensch aus Lehm ist ein uraltes Topos im Alten Orient (z. B. Atramhasis-Epos), doch in der Bibel wird er ethisch und geistlich umgedeutet.
Topos der göttlichen Belebung:
Wie bei Ezechiel 37 (Totengebeine) oder Joh 20 (Jesus haucht den Geist) – immer ist Gottes Atem der Übergang vom Tod zum Leben.
Literarisch-Poetisch
Wortspiel Adam–Adamah:
Sprachliche Tiefe: adam (Mensch) kommt aus adamah (Erde) – eine poetische Verbindung, die die Zugehörigkeit zur Schöpfung betont.
Parallelismus der Handlungen:
„bildete“ – „hauchte ein“ – „wurde“: Diese dynamische Abfolge bildet eine rhythmische, poetisch strukturierte Bewegung von Form → Belebung → Existenz.
Konzentration auf Körper und Gesicht:
Der Atem ins Angesicht gibt dem Vers eine sinnliche, fast zärtliche Dimension, die poetisch Nähe ausdrückt.