Luther 1545
Vnd Gott segnet sie / vnd sprach / Seid fruchtbar vnd mehret euch vnd erfüllet das Wasser im Meer / Vnd das Geuogel mehre sich auff Erden..
Luther 1912
Und Gott segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehrt euch und erfüllt das Wasser im Meer; und das Gefieder mehre sich auf Erden.
Parallelstellen zu Genesis (1Mose) 1:21
1Mo 1:21 Und Gott schuf die großen Fische und alles, was da lebt und webt, wovon das Wasser wimmelt, nach ihren Gattungen, dazu allerlei Vögel nach ihren Gattungen. Und Gott sah, daß es gut war.
1Mo 8:17 Alle Tiere, die bei dir sind, von allem Fleisch: Vögel, Vieh und alles Kriechende, was auf Erden kriecht, sollen mit dir hinausgehen und sich regen auf Erden und sollen fruchtbar sein und sich mehren auf Erden!
1Mo 9:7 Ihr aber seid fruchtbar und mehret euch und reget euch auf Erden, daß euer viele werden darauf!
2Mo 1:7 wuchsen die Kinder Israel, regten und mehrten sich und wurden so zahlreich, daß das Land von ihnen voll ward.
2Mo 8:3 daß der Fluß von Fröschen wimmle; die sollen heraufkommen in dein Haus und in deine Schlafkammer und auf dein Bett; auch in die Häuser deiner Knechte, unter dein Volk, in deine Backöfen und in deine Backtröge;
1Mo 1:18 und den Tag und die Nacht beherrschten und Licht und Finsternis unterschieden. Und Gott sah, daß es gut war.
1Mo 1:25 Und Gott machte die Tiere des Feldes nach ihrer Art und das Vieh nach seiner Art. Und Gott sah, daß es gut war.
1Mo 1:31 Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Und es ward Abend, und es ward Morgen: der sechste Tag.
1Mo 6:20 aller Art Vögel und aller Art Vieh und von allem, was auf Erden kriecht, sollen je zwei von jeder Art zu dir kommen, damit sie am Leben bleiben.
1Mo 7:14 sie und alle Arten der Tiere und des Viehs und allerlei Kriechendes, was auf Erden kriecht, von jeglicher Art, auch aller Art Geflügel, Vögel und Federvieh;
1Mo 8:19 Alle Tiere, alles, was kriecht und fliegt, alles, was sich auf Erden regt, nach seinen Gattungen, das verließ die Arche.
Hiob 7:12 Bin ich denn ein Meer oder ein Ungeheuer, daß du eine Wache wider mich aufstellst?
Hiob 26:5 Die Schatten werden von Zittern erfaßt unter den Wassern und ihren Bewohnern.
Ps 104:24 HERR, wie sind deiner Werke so viel! Du hast sie alle weislich geordnet, und die Erde ist voll deiner Geschöpfe.
Hes 32:2 Menschensohn, hebe ein Klagelied an über den Pharao, den König von Ägypten, und sprich zu ihm: Du warst gleich einem jungen Löwen unter den Heiden, und du warst wie ein Krokodil im Meere. Du schossest einher in deinen Strömen; du trübtest das Wasser mit deinen Füßen und wühltest ihre Flüsse auf.
Jona 1:17 Und der HERR bestellte einen großen Fisch, Jona zu verschlingen; und Jona war im Bauche des Fisches drei Tage und drei Nächte lang.
Jona 2:10 Und der HERR gebot dem Fisch; der spie Jona ans Land.
Matt 12:40 Denn gleichwie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauche des Riesenfisches war, also wird des Menschen Sohn drei Tage und drei Nächte im Schoße der Erde sein.
Biblisches Hebräisch
וַיְבָרֶךְ אֹתָם אֱלֹהִים לֵאמֹר פְּרוּ וּרְבוּ וּמִלְאוּ אֶת־הַמַּיִם בַּיַּמִּים וְהָעוֹף יִרֶב בָּאָרֶץ׃
Wajevarekh ’otam ’Elohim, le’emor: Peru urevu umil’u et-hammayim bayyamim, weha‘of jirev ba’arets.
• Wajevarekh (וַיְבָרֶךְ) – „und er segnete“: Pi‘el-Verbform, intensive Handlung.
• Peru urevu (פְּרוּ וּרְבוּ) – „seid fruchtbar und mehrt euch“: Imperative von פרה („fruchtbar sein“) und רבה („sich vermehren“).
• Mil’u (וּמִלְאוּ) – „füllt“ (ebenso Imperativ).
• Ha‘of jirev (הָעוֹף יִרֶב) – „das Geflügel mehre sich“ (Imperfekt jirev = „es wird sich mehren“, hier als jussivisch gelesen).
Biblisches Griechisch (Septuaginta)
καὶ εὐλόγησεν αὐτὰ ὁ θεὸς λέγων· αὐξάνεσθε καὶ πληθύνεσθε, καὶ πληρώσατε τὰ ὕδατα ἐν ταῖς θαλάσσαις, καὶ τὰ πετεινὰ πληθυνέτω ἐπὶ τῆς γῆς.
• αὐξάνεσθε καὶ πληθύνεσθε – „wachst und mehrt euch“ (Erweiterung zu „seid fruchtbar“).
• πληρώσατε – „füllt“ (Aorist Imperativ).
• πληθυνέτω – „es mehre sich“ (3. Person Singular Imperativ).
Beobachtung:
Die LXX verdeutlicht durch den Gebrauch zweier verschiedener Begriffe für Wachstum (αὐξάνω) und Vervielfältigung (πληθύνω) eine feinere Nuancierung als das Hebräische.
Biblisches Lateinisch (Vulgata)
benedixitque illis Deus dicens: crescite et multiplicamini, et replete aquas maris: avesque multiplicentur super terram.
• crescite et multiplicamini – „wachst und vermehrt euch“ (Imperative).
• replete – „füllt“.
• multiplicentur – „sie sollen sich mehren“ (Konjunktiv, jussivisch).
Theologische Deutung
1. Segen als schöpferischer Akt
• Der erste explizite Segen Gottes gilt den Tieren – noch vor dem Menschen (der in Vers 28 gesegnet wird).
• Der Segen ist performativ: Gott spricht nicht nur ein gutes Wort, sondern bewirkt Wachstum und Fruchtbarkeit.
2. Schöpfungsordnung
• Die Segensformel steht am Ende des fünften Schöpfungstags, als die Wasser- und Lufthabitate bevölkert wurden.
• Der Mensch teilt mit den Tieren den Auftrag zur Vermehrung – dies begründet die organische Einbindung des Menschen in die belebte Welt (Anthropologie der Gemeinsamkeit).
3. Fruchtbarkeit als göttliches Prinzip
• Fruchtbarkeit ist kein menschlicher Verdienst, sondern göttlich verliehen – dies prägt das biblische Denken bis in die patriarchale Geschichte hinein (Sarah, Rebekka, Rahel).
Philosophische Deutung
1. Teleologie der Natur
• In antiker Philosophie (Aristoteles, stoische Tradition) gilt die Fruchtbarkeit als Ausdruck der natürlichen Telos – eine Ordnung, in der das Sein zur Entfaltung strebt.
• Genesis 1,22 spiegelt eine ähnliche Ordnung: Schöpfung ist zielgerichtet auf Leben und Fülle hin.
2. Lebensprinzip und Generativität
• Die generative Kraft (Fortpflanzung) ist elementarer Ausdruck des Lebens selbst – vergleichbar mit Plotins „Überströmen des Einen“.
• Der göttliche Segen ist somit nicht nur Befehl, sondern kosmische Energie, die Leben schafft und erhält.
Rezeptionsgeschichte
1. Jüdische Auslegung
• Im Midrasch wird betont, dass dieser Segen nicht nur für die Urzeit, sondern dauerhaft für die Welt gilt.
• Rabbiner sehen hier ein universelles Gesetz: Gottes Segen ist nicht exklusiv dem Menschen vorbehalten.
2. Frühchristliche Exegese
• Kirchenväter wie Augustinus deuten den Segen typologisch:
• Die Vermehrung der Tiere vor der des Menschen verweist auf die Ordnung der Gnade, die zuerst das Natürliche und dann das Geistige segnet.
• Die Fruchtbarkeit als Hinweis auf die Frucht des Geistes (Gal 5,22) wird spiritualisiert.
3. Mystische Deutungen
• In der mittelalterlichen Mystik wurde Fruchtbarkeit oft symbolisch gedeutet:
• Die Wasserfülle als Sinnbild für Gottes Überfluss,
• das „Mehren des Gefieders“ als geistiges Aufsteigen (vgl. Dante: Paradiso 1, wo die Seele „auffliegt“ wie ein Vogel).
Moderne theologische Reflexion
In ökologischer Theologie wird dieser Vers neu gelesen als Hinweis auf:
• Mitgeschöpflichkeit,
• Eigenwert der Tiere (nicht nur als Nahrung oder Besitz),
• sowie auf die Verantwortung für Biodiversität.
Zusammenfassung
• Hebräisch | Betonung des performativen Segens; Imperative an Tiere
• Griechisch | Nuancierter Doppelbefehl (Wachstum + Vermehrung)
• Lateinisch | Beibehaltung der Struktur mit stilistischer Klarheit
• Theologie | Kosmischer Segen, anthropologische Einbindung, göttliche Fülle
• Philosophie | Teleologie, Lebensfülle, Fruchtbarkeit als Ausdruck des Seins
• Rezeption | Jüdische Dauerordnung, Vätertypologie, mystische Symbolik, ökologische Relektüre