Genesis 01:10

Luther 1545 Vnd Gott nennet das trocken / Erde / vnd die samlung der Wasser nennet er / Meer. Vnd Gott sahe das es gut war.

Luther 1912 Und Gott nannte das Trockene Erde, und die Sammlung der Wasser nannte er Meer. Und Gott sah, daß es gut war.

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Parallelstellen zu Genesis (1Mose) 1:10

1Mo 1:10 Und Gott nannte das Trockene Erde, und die Sammlung der Wasser nannte er Meer. Und Gott sah, daß es gut war.
1Mo 1:4 Und Gott sah, daß das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis
5Mo 32:4 Er ist ein Fels. Seine Werke sind unsträflich; denn alles, was er tut, das ist recht. Treu ist Gott und kein Böses an ihm; gerecht und fromm ist er.
Ps 104:31 Die Ehre des HERRN ist ewig; der HERR hat Wohlgefallen an seinen Werken.

Biblisches Hebräisch: Sprachlich-exegetische Analyse

וַיִּקְרָא אֱלֹהִים לַיַּבָּשָׁה אֶרֶץ וּלְמִקְוֵה הַמַּיִם קָרָא יַמִּים וַיַּרְא אֱלֹהִים כִּי־טוֹב׃
(Wajjiqra Elohim la-jabbāschā ärets, ulemiqwē hammājim qārā jamim; wajjar’ Elohim ki-tov.)
Wort-für-Wort:
• וַיִּקְרָא (wajjiqra) – „Und er rief / nannte“: Qal, Imperfekt, 3. m. sg., mit Waw-Conversiv. Form von קָרָא (qārāʾ), „rufen, nennen“.
• אֱלֹהִים (Elohim) – „Gott“: Pluralform mit singulärer Bedeutung. Subjekt.
• לַיַּבָּשָׁה (lajjabbāšāh) – „dem Trockenen“: Lamed-Präposition („für / zu“) + bestimmte Form von יַבָּשָׁה („Trockenes, Festland“).
• אֶרֶץ (ʾäres) – „Erde“: Akkusativobjekt der Benennung.
• וּלְמִקְוֵה (ulemiqwēh) – „und der Sammlung“: „miqwēh“ von קָוָה („sammeln, hoffen“), Bedeutung hier „Ansammlung (von Wasser)“.
• הַמַּיִם (hammājim) – „des Wassers“: Pluralform, mit Artikel. Genitivkonstruktion.
• קָרָא (qārā) – „nannte“: erneut Qal, Perfekt, 3. m. sg.
• יַמִּים (jamim) – „Meere“: Plural von יָם („Meer“).
• וַיַּרְא (wajjarʾ) – „und er sah“: Qal, Imperfekt, mit Waw-Conversiv.
• כִּי־טוֹב (ki-tov) – „dass es gut war“: ki als kausale Konjunktion („dass / denn“), tov = „gut“.
Exegetische Anmerkungen:
Das zweifache Verb קרא („nennen“) verweist auf göttliche Ordnungsmacht: Die Benennung ist Schöpfung durch Definition.
• Die Verwendung von מִקְוֶה (miqwēh) für die Wassersammlung ist einzigartig im Schöpfungsbericht. Später bedeutet das Wort auch „Hoffnung“ (z. B. Jer 17,13), was zu theologischen Reflexionen führt.
• Die abschließende Formel כִּי־טוֹב betont Gottes Zustimmung zur geschaffenen Ordnung.

Biblisches Griechisch (Septuaginta): Sprachlich-exegetische Analyse

Καὶ ἐκάλεσεν ὁ Θεὸς τὴν ξηρὰν γῆν, καὶ τὰ συστήματα τῶν ὑδάτων ἐκάλεσεν θαλάσσας· καὶ εἶδεν ὁ Θεὸς ὅτι καλόν.
Wort-für-Wort:
• Καὶ ἐκάλεσεν (kai ekalesen) – „Und er nannte“: Aorist, Indikativ, 3. Pers. Sing., von καλέω.
• ὁ Θεὸς (ho Theos) – „Gott“, Nom. Sg., Subjekt.
• τὴν ξηρὰν (tēn xēran) – „das Trockene“, Akk. Fem. Sg. von ξηρά („trocken, Festland“).
• γῆν (gēn) – „Erde“, Akk. Fem. Sg.
• τὰ συστήματα (ta systēmata) – „die Ansammlungen / Ordnungen“: Neutr. Pl. von σύστημα („System, Ordnung, Zusammenfügung“).
• τῶν ὑδάτων (tōn hydatōn) – „der Wasser“: Genitiv Plural.
• ἐκάλεσεν θαλάσσας (ekalesen thalassas) – „nannte er Meere“: θαλάσσας = Akk. Pl. von θάλασσα.
• εἶδεν ὁ Θεὸς (eiden ho Theos) – „sah Gott“: Aorist.
• ὅτι καλόν (hoti kalon) – „dass (es) gut (war)“: καλόν = Neutr. Sg., bezieht sich auf das Ganze.
Exegetische Anmerkungen:
• Die Übersetzung von מִקְוֶה mit σύστημα ist auffällig: Während „miqwēh“ ein konkretes Sammelbecken meint, suggeriert „σύστημα“ ein geordnetes, organisiertes Ganzes.
• Das Wort θάλασσα wird im NT oft mit Chaos und Gefahr assoziiert, hier aber neutral oder positiv als Bestandteil der guten Ordnung.

Biblisches Lateinisch (Vulgata): Sprachlich-exegetische Analyse

Vocavit Deus aridam Terram, congregationesque aquarum appellavit Maria. Et vidit Deus quod esset bonum.
Wort-für-Wort:
• Vocavit Deus – „Gott nannte“: Perfekt, Aktiv, Indikativ. vocare = „rufen, nennen“.
• aridam – „das Trockene“: Akk. Fem. Sg., von „arida“.
• Terram – „Erde“: Akk. Fem. Sg.
• congregationesque aquarum – „und die Versammlungen der Wasser“: Plural von „congregatio“, betont aktives Sammeln.
• appellavit – „nannte“: Perfekt, 3. Sg., Synonym zu vocavit, aber hier in Parallele zur zweiten Benennung.
• Maria – „Meere“: Nom. Pl., Neutrum.
• Et vidit Deus quod esset bonum – „Und Gott sah, dass es gut war“: esset ist Imperf. Konj. im quod-Satz.
Exegetische Anmerkungen:
• Das parallele Spiel von vocavit / appellavit markiert stilistische Abwechslung.
• Congregationes betont das aktive Zusammenbringen der Wasser – mehr als das Hebräische oder Griechische.
• Maria ist Plural und unterscheidet sich vom Einzahlgebrauch „mare“, was die Vielheit der Ozeane betont.
• Die Formel quod esset bonum steht im Konjunktiv wegen des abhängigen Nebensatzes – klassisch lateinische Syntax mit theologischer Pointe: es war nicht nur „gut“ – es war gut befunden worden.

Zusammenfassung (vergleichend):

• Hebräisch | יַבָּשָׁה (jabbāšāh) | מִקְוֵה הַמַּיִם (miqwē hammājim) | קָרָא (qārāʾ) | כִּי־טוֹב (ki-tov)
• Griechisch | ξηρά (xēra) | συστήματα τῶν ὑδάτων (systēmata tōn hydatōn) | καλέω (kaleō) | ὅτι καλόν (hoti kalon)
• Lateinisch | arida | congregationes aquarum | vocare / appellare | quod esset bonum
• Diese drei Texte zeigen je eigene theologische und sprachliche Nuancen der göttlichen Ordnung, Benennung und Wertschätzung der Schöpfung. Sie sind auch Grundlage für spätere theologische Entwicklungen in Judentum, Christentum und in der sprachlichen Hermeneutik heiliger Texte.

Theologische Deutung

a) Schöpfung als Ordnung aus dem Chaos
Die Trennung von Land und Meer erfolgt nach der Trennung von Licht und Finsternis sowie Wasser ober- und unterhalb des Firmaments. Diese schematische Struktur zeigt, dass Schöpfung bei Gott nicht willkürlich oder chaotisch, sondern geordnet und gerichtet ist.
• Das hebräische Wort für „nannte“ (qara’) zeigt, dass Gott nicht nur erschafft, sondern auch ordnet und bestimmt. Die Benennung ist Teil der Schöpfung selbst – was Gott benennt, erhält Identität und Funktion.
• Die „Sammlung der Wasser“ (miqweh hammayim) weist darauf hin, dass das Wasser ursprünglich als chaotisches Element galt (vgl. Gen 1,2: tehom = Urflut), das nun aber durch Gottes Wort gebändigt wird.
b) Der Name als Akt göttlicher Autorität
Gott „nennt“ das Trockene „Erde“ und die Wasser „Meer“. Dies verweist auf einen göttlichen Souveränitätsakt. Im Alten Testament bedeutet Benennung häufig Herrschaft über das Benannte (vgl. Adam, der die Tiere benennt in Gen 2,19–20).
• Gott handelt hier als königlicher Schöpfer, der durch das Wort Welt und Ordnung stiftet (vgl. auch Psalm 33,9: „Denn er sprach – und es geschah“).
• In der jüdischen Tradition wird dies als Teil des kosmischen Bundes verstanden: Gott schafft nicht nur, er bindet sich durch die Ordnung an seine Schöpfung.
c) „Und Gott sah, dass es gut war“
Dieser Satz ist eine Wiederholung innerhalb der Schöpfungserzählung und ein zentrales theologisches Bekenntnis.
• Das „Gut-Sein“ (ṭôb) ist kein ästhetisches oder moralisches Urteil im modernen Sinn, sondern beschreibt die Tauglichkeit im göttlichen Plan – die Schöpfung erfüllt ihren von Gott gesetzten Zweck.
• In der Theologie des Alten Testaments bedeutet das „Gut-Sein“ auch: Es ist lebensförderlich, geordnet, beständig, zuverlässig.

Systematisch-philosophische Deutung

a) Ontologie: Ordnung und Sein
Im Lichte klassischer Metaphysik (besonders bei Thomas von Aquin oder Augustinus) wird Schöpfung als Übergang von Potentialität zur Aktualität verstanden. Die Welt ist nicht einfach da, sondern durch Gottes Wort aus dem Nichts (ex nihilo) hervorgebracht und geordnet.
• Die Unterscheidung von „Erde“ und „Meer“ ist Ausdruck einer differenzierenden Ontologie: Sein ist strukturiert, nicht amorph.
• Das „Gut-Sein“ verweist auf das Prinzip der participatio entis – alles Seiende hat Anteil am Sein Gottes, und ist darum in sich gut (bonum est diffusivum sui – das Gute breitet sich aus).
b) Logosstruktur der Welt
In der christlich-philosophischen Tradition (besonders bei den Kirchenvätern und im Johannesprolog) wird Gott als Logos gedacht. Die Benennung durch Gott in Gen 1,10 ist ein logos-hafter Akt: Durch das Wort erhält die Welt Sinn, Maß und Zweck.
• Diese Deutung findet sich bereits bei Philo von Alexandria, der die Schöpfung durch das göttliche „Wort“ mit platonischen Ideen verbindet.
• Für Origenes und später Gregor von Nyssa ist die Schöpfung ein Spiegel des göttlichen Logos, in dem die Dinge durch ihre geordnete Existenz Gott reflektieren.
c) Symbolik von Land und Meer
• Philosophisch deutbar als Spannung zwischen Chaos und Kosmos, wobei Gott durch Trennung, Benennung und Gutheißung eine geordnete Welt schafft, die dem Menschen als Lebensraum dient.
• Für Hans Jonas oder moderne Öko-Theologien zeigt sich hier das Bild einer vertrauenswürdigen Weltordnung, in der der Mensch leben, wirken und Verantwortung übernehmen kann.

Schlussgedanken: Die Schöpfung als Kosmos des Vertrauens

Genesis 1,10 ist mehr als ein Bericht über physikalische Gegebenheiten – es ist ein kosmologischer Glaubensakt. Die Welt ist nicht Zufall, sondern von Gott geschenkte, benannte, geordnete Wirklichkeit, und als solche: gut.
• Diese theologisch-philosophische Deutung öffnet auch den Raum für ein ethisches Verständnis: Wenn die Welt gut ist, ist der Mensch zur Bewahrung (vgl. Gen 2,15) und nicht zur Zerstörung berufen. Die Benennung des Landes und Meeres wird so auch zur Grundlage für ein Verantwortungsethos des Menschen innerhalb der Schöpfung.

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