Aal
Sprichwörter, Redensarten, Zitate
Symbolik des Aals:
Wandlung & Geheimnis:
Der Aal steht für rätselhafte Übergänge, insbesondere zwischen Wasserwelten (Fluss, Meer) – also Symbol des Übergangs und der Verwandlung.
Verstecktheit & Tiefe:
Wegen seines untergründigen Lebens wird der Aal mit dem Unbewussten, dem Verborgenen oder dem Instinktiven assoziiert.
Sexualsymbolik:
Durch seine Form, Fortpflanzung und geheimnisvolle Reise zur Sargassosee hat der Aal in manchen Kulturen auch eine sexuelle oder libidinöse Konnotation.
Metaphorische Bedeutungen:
Der Aal als Sinnbild des Ausweichens:
»Wie ein Aal« wird oft für Menschen gebraucht, die sich nicht festlegen, ausweichen oder sich durchwinden, sei es rhetorisch, moralisch oder sozial.
Der Aal als Grenzgänger:
Aufgrund seiner Wanderung zwischen Süß- und Salzwasser kann er metaphorisch für den Übergang zwischen zwei Welten stehen – Leben und Tod, Bewusstes und Unbewusstes, Herkunft und Zukunft.
Aal im Korb is besser denn Gold im Sack,
denn der Aal is frisch, das Gold macht krank.
Arbeitslied der Flussfischer
Aal ist ein schwers Mahl, ich will lieber Steine tragen, als essen.
Er ist schwer zu verdauen; der Witz liegt jedoch darin, dass »dragen un eten« beide auf »Steine« bezogen werden; der Sinn ist: ich will lieber Steine tragen, als Steine essen.
ndt] Aal iss'n swâr Mâl (Mahlzeit), ick will lêver Stênen dragen, as eten. (Ostfries.)
dk] Aal og slimer fisk giör tung sind og ond mave.
Aal, Kohl und Verdruss man als Abendkost nicht nehmen muss.
Dän.: Aal, og kaal, og knur er ond aftensmad.
Aale fangen. (Altgr.)
Aus Gewinnsucht das Recht trüben, weil man Aale nur fängt, wenn man den Schlamm tüchtig aufwühlt.
Aale und Amt sind schwer zu halten.
Bauernweisheit über flüchtige Güter – Fisch und politische Macht als gleich unsicher.
Aalfang bei abnehmendem Mond – ein leerer Korb für den Dummen.
Erfahrungsregel für die richtige Zeit des Fischfangs.
Aalglatt durch die Prüfung gekommen.
Jemand hat sich mühelos und geschickt durch eine schwierige Situation manövriert.
Auch der Aal muss flussaufwärts, wenn ihn Gott ruft.
Mystisch-symbolische Deutung von Rückkehr und Berufung – Anklang an asketische oder monastische Lebenswenden.
Da ist der Aal Ingenieur gewesen.
Sagt der Bauer zu seinem Knecht, wenn er eine schlängelnde Furche gepflügt, oder zu einem Arbeiter, wenn er einen krummen Graben gezogen hat.
ndt] Dar is de Aal ôk Ingenieur west.
Da schmeißt sich ein Aal auf.
Da smitt sikk en Aal up. (Holst.)
Sagt man von vorlauten Personen, die sich in Gesellschaften durch Reden und Handlungen auszeichnen wollen.
Dahinter steckt ein Aal.
Ein Betrug.
Frz.: Il y a anguille, oder: Il y a quelque anguille sous roche.
Dem Aal ist der Eimer auch ein Meer.
Ironische Wendung über jemanden, der sich auch in engen Verhältnissen zufrieden zeigt oder sich einredet, alles sei in Ordnung.
Den Aal beim Schwanz fassen (halten).
Lat.: Cauda tenes anguillam. - Anguillam cauda capessis. - Anguillam tenere cauda. - Delphinum cauda alligas.
Den Aal hält man nicht wohl bei dem Schwanz.
Den Aal kriegst du nicht so leicht an die Angel.
Jemand ist schwer zu fassen oder zu überzeugen.
Den Aal man brät, wie man Frauen führet in der Stadt, den Hering wie man Huren treibt aus der Stadt.
Dän.: Men skal teoge aal som man lader fruer i bye; man sild son man jager skiöger af bye.
Den Aal mit einem Feigenblatt fassen (halten).
Fest, weil die Feigenblätter rauh sind. Geeignete Mittel gegen den anwenden, der leicht entschlüpft.
Lat.: Folio ficulno tenes anguillam.
Den Aal mit Öl bestreichen.
Etwas sehr Überflüssiges tun, da ein Aal an sich schon sehr glatt ist.
Den Aal schuppen.
Lat.: Anguillae squamis carent. - Impossibilia tentare.
Den Aal vom Schwanze häuten.
Etwas verkehrt anfangen.
Frz.: Ecorcher l'anguille par la queue. - Rompre l'anguille au genou.
Der Aal beißt nicht ins Licht.
Eine Redewendung aus dem norddeutschen Raum. Sie spielt darauf an, dass Aale nachtaktive Tiere sind – und dass manche Dinge nur im Verborgenen gedeihen.
Der Aal ist ein guter Fisch, er braucht kein Fett zur Sauce.
Dän.: Aal er en god fisk, mi han dum dypper sig selv.
Der Aal ist ein guter Fisch, er trägt seine Sprungfedern bei sich.
Der Aal kennt den Weg zurück – auch wenn das Meer dazwischen liegt.
Anspielung auf das Wanderverhalten des Aals (z. B. zur Sargassosee), mit symbolischer Bedeutung für Treue, Herkunft, Erinnerung.
Der Aal kennt jeden Schlupfwinkel.
Eine Anspielung auf sexuelle Erfahrung oder Findigkeit.
Der Aal kennt keinen geraden Weg.
Ein Spruch über Verschlungenheit, Lebenswege und das Ausweichen. Was wie ein Umweg wirkt, kann überlebensnotwendig sein.
Der Aal lebt von jedem Fisch, aber er gibt keinem einen Tisch.
dk] Ald fisk föder aal, men aal föder ingen fisk.
Der Aal schlängelt sich durch, wo der Karpfen scheitert.
Eine Lebensweisheit über die Kunst des geschmeidigen Navigierens, wenn andere mit ihrer Schwere nicht weiterkommen.
Der Aal stirbt nicht, er werde denn zuvor mit einem Trunke Wein begossen.
Der Aal tanzt nicht nach deiner Pfeife.
Ein Sprichwort über die Unverfügbarkeit der Natur oder des Schicksals. Manche Dinge entziehen sich der Kontrolle.
Der Aal, der schlüpffet lüstiglich / in’s Maul wie auch in ander Gsicht.
In der mittelalterlichen Fastnachtsspieltradition erscheint der Aal manchmal als Speise der unteren Schichten, gelegentlich als Symbol sexueller Lust. In einem anonymen Schwank des 15. Jahrhunderts.
Der Aalfänger und der Aal – jeder hat seine List.
Nicht nur der Mensch denkt sich etwas aus – auch die Natur hat ihre Strategien. Ein Gleichgewicht von List und Gegenlist.
Der Kaufmann, gleich dem Aal, will nimmer still halten, es sei denn im Rauch.
In Grimmelshausens »Simplicissimus« (17. Jh.) wird der Aal in einem derben Witz mit Betrug verglichen.
Der Liebhaber – aalglatt und ungreifbar.
Erotisches Klischee des verführerischen, aber treulosen Mannes.
Der Teufel fährt wie ein Aal durch die Beichte.
Bild für die Heimtücke und das Entrinnen des Bösen im frommen Gewand.
Der alte Bauer fängt den Aal mit dem Fuß.
Sinnbild für Erfahrung, Geschick und Gelassenheit – im Gegensatz zum zappelnden Lehrling.
Der hat den Aal nicht ganz, der ihn hat beim Schwanz.
Frz.: Qui prend l'anguille par la queue et la femme par la parole, peut dire qu'il ne tient rien.
It.: Chi piglia l'anguilla per la coda, e la donna per la parola, può dir, che non tiene niente.
Lat.: Non tenet anguillam qui per caudam tenet illam.
Der stille Teich birgt den größten Aal.
Schweigen, Tiefe, Zurückhaltung: Wo wenig los zu sein scheint, verbirgt sich oft das Bedeutendste.
Die Seele windet sich wie ein Aal vor dem Licht.
Mystische Bildsprache für die Unruhe der sündhaften Natur im Angesicht des Göttlichen.
Du hoscht e Aal un weisch net, wo mit.
Rheinfränkisch, in erotischer Doppeldeutigkeit.
Ein Aal bleibt nicht lange still.
Sinnbildlich für Unruhe oder ständige Bewegung.
Ein Aal entschlüpft auch wohl dem geschickten Fischer.
Frz.: A grant pescheur eschappe anguille. - Pour trop serrer l'anguille, on la perd.
Ein Aal im Fass – doch der Deckel ist offen.
Besitz allein ist keine Sicherheit. Was man erringt, kann man ebenso schnell wieder verlieren, wenn man unachtsam ist.
Ein Aal im Sack ist schwer zu halten.
Wird gebraucht, wenn man auf etwas nicht Verlässliches baut oder wenn etwas entgleitet, das man zu fassen glaubte.
Ein Aal in der Hand, zwei im Teich der Lüste.
Erotisch-doppeldeutig: Spiel mit Verlust und Verheißung, ähnlich dem Sprichwort »Lieber den Spatz in der Hand…«.
Ein Aal lässt sich schwer verbergen.
Engl.: You cannot hide an eel in a sack.
Ein Aal unter den Fischen.
Böhm.: Uhoř mezi rybami (rotivý).
Ein Aal, der Salat essen will, muss ans Land kommen.
Ohne Anstrengung kein Genuss.
Ein grauer Aal ist besser als eine bunte Schlange.
Lass dich ein glänzendes Äußeres nicht täuschen.
Einem trocknen Aal geben.
Ihm mit dem Stocke Prügel geben. Um denselben oder einen ähnlichen Gedanken auszudrücken, ist die Provinz Preussen sehr reich an Redensarten.
Er entwischt wie ein Aal.
Er hat Aal in den Hosen,
He hett Aal in de Hasen. (Holst.)
Er hat unaufgezogene Strümpfe an, Falten, als steckten Aale drin.
Er hat Aale gestochen.
Er ist ins Wasser gefallen. Das Aalstechen wird nicht blos im Winter auf dem Eise durch Eisöffnungen (Wâken), sondern auch im Sommer getrieben.
ndt] He hett Aal stêken.
Er hat auch vom Aal geschwätzt.
Ursprünglich von Kahlköpfigen, wo die Redensart a.a.O. ihre Erklärung findet; dann auch allgemeiner von denen, die wegen der Wahrheit oder wegen Ausplauderung von Geheimnissen Verfolgung erlitten haben, oder in Nachteil gekommen sind.
Zur Erklärung der Redensart heisst es in Theatr. Diabolorum, 416a: »Jene Alster kondt reden, vnd veräth die Magd, dass sie den Aal gefressen hat, derhalben kahl geraufft. Vnd als sie einen Mann sahe, mit einer kahlen Stirn, klagte sie jhn, vnd sagte: Ach, du armer Mann, was hastu vom Ahl geschwatzt; meynet, er were vmb desswillen so kahl geraufft als sie, dass er die Wahrheit gesagt hette.«
Er hält den Aal beim Schwanz.
Von denen, die mit unzuverlässigen und treulosen Menschen umgehen und ihnen Vertrauen schenken.
Lat.: Anguillam tenere cauda. - Anguilla est, elabitur.
Er ist aalglatt.
Bezeichnung für Menschen, die äußerlich charmant wirken, aber innerlich unehrlich oder berechnend sind.
Er macht's wie die Aale von Melun, er schreit, eh' man ihn häutet.
Von denen, die etwas fürchten, was nicht zu fürchten ist, die schreien, ehe man sie schlägt, von Furcht ohne Grund. Der Ursprung dieser Redensart soll folgender sein: Es war früher in den Schulen Frankreichs Brauch, dass die Schüler dramatische Vorstellungen gaben, um ihr Gedächtnis wie ihren Vortrag zu bilden. Die Schüler von Melun gaben nun einst ein Stück, in welchem einer derselben, Namens Languille, die Person des heiligen Bartholomäus vorstellte, der, wie man erzählt, lebendig geschunden ward. Als sich der Vollstrecker ihm mit dem Messer in der Hand näherte, um ihm scheinbar die Haut abzuziehen, begann Languille, von plötzlicher Furcht ergriffen, dermassen zu schreien, dass das Stück unterbrochen ward. Dieser Vorfall ging von Mund zu Mund und ward Sprichwort, dessen man sich bediente, sowohl um die Schüler von Melun zu necken, als auch um eine grundlose Furcht zu bezeichnen.
Engl.: Eels don't mind being skinned after they get used to it.
Frz.: Il ressemble aux anguilles de Melua, il crie avant qu'on l'écorche.
Holl.: Hij gelijkt den kik vorscher, die schreeuwen, voor men hen ziet.
Er windet (o. ringelt) sich wie ein Aal.
Er windet sich wie ein Aal in der Pfanne.
Für Ausflüchte oder rhetorisches Ausweichen.
Es hält sich wie ein Aal beim Schwanz und ein Weib beim Worte.
Schwed.: Han är hat som en ål.
Es ist kein Aal so klein, er hofft ein Walfisch zu werden. (Dän.)
Es ist so klein kein Aal,
er meint er sei ein Wal.
Dän.: Der er aldrig soll liden an aal, han stunder jo at blive en hval.
Glitschig wie ein Aal.
Wird gesagt von Menschen, die sich geschickt aus heiklen Situationen winden oder sich vor Verantwortung drücken.
He is wie’n Aal, de kriss de net jedonn.
Er ist wie ein Aal, den bekommst du nicht zu fassen.
Niederrheinisch
Heute Aal und morgen Aal,
das ist eine Qual.
Im Trüben fängt man den Aal.
Auch als Sprichwort bekannt: Wer im Chaos agiert, kann Vorteile haben.
Im Wasser des Herrn sind selbst die Aale heilig.
Metaphorisch für die umfassende Gnade – selbst das »Glitschige« und Weltliche wird gereinigt.
In Hamburg leb’n de Aale
In de Elv in jeder Fale,
un de Fischer singt so froh:
Aal, min Jung, büst du dor so!
Norddeutsches Fischerlied, Aal als Speisefisch
Man fängt die besten Aale da, wo man sie nicht erwartet.
Man kann nicht Aal stechen und Hasen jagen zugleich.
Dän.: Man kand ikke stange aal, og voere i hare-jagt paa engang.
Man muss die Aale nicht verkaufen, ehe man sie gefangen hat.
Man weiß nicht, wie der Aal läuft.
Man wêt nich, waar de Aal löpt. (Ostfries.)
Mancher, der auf Aal aus ist, holt nur Schlick ins Netz.
Eine Mahnung: Nicht jedes Vorhaben führt zum gewünschten Ertrag – gerade wenn es auf List und Täuschung gegründet ist.
Mit bloßen Händen fängt niemand den Aal.
Man braucht Geschick, Werkzeug, und eine Strategie – nicht alles im Leben lässt sich mit bloßem Wollen erreichen.
Niemand ruft 'Aal', ehe er ihn am Schwanze hat.
Man soll sich nicht zu früh freuen, wenn etwas Günstiges in Aussicht steht. Mancher hat schon einen Aal im Netz gehabt und er ist ihm, selbst wenn er ihn schon beim Schwanz gefasst hatte, wieder entschlüpft.
nd] Nüms rôp Aal, ehr he hum bi de Stêrt hett.
O du langer, schlanker Aal,
glitschst mir aus der Hand einmal.
Doch beim nächsten Fischzug dann,
krieg ich dich mit Herz und Bann.
Scherzhaftes Volkslied aus dem 19. Jahrhundert.
Sich wie ein Aal krümmen.
Holl.: Hij krimpt als een aal.
Sich winden wie ein Aal im Sand.
Ausdruck für Ausweichverhalten, Taktieren oder moralische Unklarheit.
Sich winden wie ein Aal.
Jemand versucht mit allen Mitteln, einer Sache zu entgehen, sich zu rechtfertigen oder aus einer Lage herauszukommen.
Sie wand sich unter ihm wie ein Aal im Laichstrom.
Poetische Umschreibung einer leidenschaftlichen körperlichen Vereinigung.
So glatt wie ein Aal.
Meint eine Person, die schwer zu fassen ist – sei es physisch, rhetorisch oder charakterlich.
So glatt wie ein fetter Aal; kein Kläger kann ihn fassen, kein Richter ihn halten.
Ein Text aus dem 18. Jahrhundert beschreibt einen Advokaten.
Wat de Aal nich will, dat kriggst nich in’n Schlick
Norddeutsche Küstensprache
Wenn der Aal in die Angel gebissen,
wird er sich lassen ziehen müssen.
It.: Quando l' anguilla ha preso l' amo bisogna che vada dov' è tirata.
Wenn der Aal zieht, kommt der Regen.
Wetterregel aus der Küstenfischerei – bezieht sich auf das Wanderverhalten der Aale und dessen Zusammenhang mit Wetterumschwüngen.
Wenn man den Aal zu sehr drückt, entschlüpft er.
Frz.: Par trop presser l'anguille, on la perd.
Wenn man glaubt, den Aal am festesten zu haben, entschlüpft er.
Wer Aale fangen will, muss sich bücken können.
Der Weg zum Ziel führt über Anpassung und Geduld. Erfolg stellt sich nicht ein durch Kraft, sondern durch Taktik und ein Gespür für das rechte Maß.
Wer einen Aal beim Schwanz und Weiber fasst bei Worten,
Wie feste der gleich hält, hält nichts an beiden Orten
Wer einen Aal fangen will, der macht erst das Wasser trübe.
Wer einen Aal halten will beim Schwanz, dem bleibt er weder halb noch ganz.
Frz.: Qui tient l'anguille par la cui il ne l'a mie. (13. Jahrhundert.)
Lat.: Delphinum cauda alligas. - Non tenet anguillam, qui per caudam tenet illam.
Wer einen Aal nimmt beim Schwanz und eine Frau beim Wort, der bringt wenig fort.
It.: Chi piglia l' anguilla per la coda, e la donna per la parola, può dir che non tiene niente.
Wer einen Aal und Hasen zugleich will fangen, dem bleibt wenig Fleisch an den Fingern hangen.>
Wie Aale gleiten Finger kühn
dorthin, wo Träume zärtlich blühn.
Andreas Gryphius
Wie der Aal durchs Wasser, so gleitet das Wort durchs Herz – wenn es wahr ist.
Poetische Umschreibung für die Kraft der Sprache.